Sehr geehrter Herr Heibel,
ich habe den Eindruck, dass entweder ein Verständnisproblem meinerseits vorliegt, oder Ihre Argumentation unlogisch ist:
Sie schreiben etwa sinngemäß, dass Gelder aufgrund des sich stärkenden Yen nun zur weiteren Auflösung von Carrytrades genutzt werden und deshalb Gelder zur Rückzahlung von YenKrediten aus dem Japanischen Aktienmarkt (wie auch aus dem Ausland) abgezogen werden.
6-Monatschart Euro/Yen
Das ergibt aber ja keinen Sinn, denn CarryGelder sind ja maßgeblich in anderen Märkten angelegt, um sowohl vom höheren Ertragsniveau wie auch Währungsstärken des anderen Marktes zu profitieren. Wenn also der Yen sich weiter stärken sollte und den Boden gebildet hat, spricht das im Gegenteil für die Anlage in Japanischen Aktien bzw für den Verkauf von US/EU-Aktien und Bonds.
Auch schreiben Sie (wahrscheinlich zutreffend), dass Kapital nach Japan strömt. Inwiefern also sehen Sie einen Zusammenhang zwischen Carryauflösung und dem nachgebenden Japanischen Aktienmarkt?
Bitte begründen Sie vielleicht auch noch mal Ihre Annahme von nun aber doch wieder steigenden Japanischen Aktien, wenn Sie doch von einem weiter sich stärkenden Yen ausgehen (was dann nach Ihrer Darstellung doch für weitere Abzüge aus dem Japanmarkt führen müsste).
Ich nehme an, dass Sie mehrere Zuschriften wie die meine erhalten, und bitte ggf. um die Beantwortung im nächsten Ticker.
Mit freundlichem Gruß, Andreas aus Irland
ANTWORT:
Vielen Dank für Ihr Schreiben.
Bei dem Währungseffekt ist es meiner Ansicht nach eindeutig, bei dem Aktienmarkt müssen wir jedoch unterschiedliche Zeithorizonte
berücksichtigen:
Währungseffekt: Wenn Anleger ihre Yen-Kredite zurückzahlen, dann strömt Geld aus dem Ausland zurück nach Japan, der Yen steigt. Wir haben dies in den vergangenen Wochen gesehen. Und bei steigendem Yen wird der Carry-Trade immer unattraktiver, es sollte also ein sich verstärkender Prozess der Rückführung der Yen-Carrytrades erfolgen.
Aktienmarkt in Japan: Da auch viele Carry-Trader von dem günstigen Kreditzins profitieren wollten, indem sie den Yen-Kredit in Nikkei-Aktien angelegt haben, wird die Auflösung der Carry-Trades auch einen Ausverkauf beim Nikkei nach sich ziehen. Kurzfristig führe ich die Schwäche im Nikkei also auch auf diesen Effekt zurück.
Mittelfristig wird der Export für die Japaner erschwert, wenn der Yen dann angestiegen ist. Die Exporte werden teurer, die japanischen Exportprodukte verlieren an preislicher Wettbewerbsfähigkeit. Also könnte auch dies auf den Nikkei drücken.
Dennoch ist das Bewertungsniveau des Nikkei sehr niedrig und ich kann mir, trotz dieser gegensätzlichen Effekte, gut vorstellen, dass der Nikkei in den nächsten Wochen zu steigen beginnt. Auch Sie argumentieren ja für eine steigende japanische Aktienbörse, allein weil das Kapital nach Japan zurückfliest.
Ist diese Darstellung nun verständlicher bzw. habe ich meine eigenen, teilweise miteinander konkurrierenden Ansichten geklärt?{weiter[40|9]}
Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.
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