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Veröffentlicht von Stephan Heibel am 04.07.2023 um 09:56 Uhr

Vonovia vs. Aroundtown vs. Sto

Wir haben im Heibel-Ticker Portfolio eine neue Spekulation aufgenommen. Ich habe Vonovia, Aroundtown und Sto SE miteinander verglichen. Alle drei Aktien notieren meiner Ansicht nach derzeit viel zu niedrig. Bei einer könnte sich das schon sehr bald ändern.

Ich könnte mir gut vorstellen, dass Aktien aus dem Immobiliensektor in der zweiten Jahreshälfte besser laufen werden. Grundsätzlich holen wir keine Immobilienaktien in unser Heibel-Ticker Portfolio, weil ich davon ausgehe, dass die meisten der Heibel-Ticker Mitglieder als Privatanleger in einem Eigenheim wohnen und allein dadurch bereits ein großes Engagement im Immobiliensektor haben. Im Sinne der Diversifizierung sollten die ersten einige-Hunderttausend (je nach Wert Ihrer Immobilie) in Aktien gehen, die nichts mit Immobilien zu tun haben.

Aber gegen eine Spekulation in besonderen Situationen ist nichts einzuwenden :-)

Aus der DAX-160 Familie habe ich die folgenden Unternehmen direkt oder mittelbar dem Immobilien- und Bausektor zugeordnet (sortiert nach Marktkapitalisierung):

  • Vonovia
  • Heidelberg Materials
  • Dt. Wohnen
  • Nemetschek
  • LEG Immobilien
  • Hochtief
  • Aroundtown
  • Grand City Properties
  • TAG Immobilien
  • Bilfinger
  • Patrizia Immobilien
  • DIC Asset
  • Hamborner REIT
  • Sto SE


Der schnelle Blick über die Liste hat bei mir Interesse zu den folgenden drei Unternehmen geweckt: Vonovia, Aroundtown und Sto. Die drei schauen wir uns mal näher an.

Alle drei Unternehmen qualifizieren sich nicht als Dividendentitel, da sie keine 10 Jahre ohne Dividendensenkung geschafft haben. Die Dividendenrendite ist zwar aktuell attraktiv, aber unterliegt Schwankungen.

Vonovia

... ist der Platzhirsch mit Immobilien in Bestlage. An diesem Unternehmen führt eigentlich kein Weg vorbei, wenn man in Deutschland über Aktien am Immobilienmarkt partizipieren möchte.

Das Jahr 2022 war besonders gut, der Umsatz ist um 14% angewachsen, der Gewinn um 8%. Die Gewinnmarge liegt bei abenteuerlichen 80%, allerdings müssen jedes Jahr 44% in Investitionen (CAPEX) gesteckt werden. Zudem ist das Geschäft zu einem großen Teil kreditfinanziert. 3 Mrd. Euro Jahresumsatz stehen 44 Mrd. Euro Nettoverbindlichkeiten gegenüber. Das Geschäftsmodell ist offensichtlich darauf ausgelegt, ausreichend Cashflow zu generieren, um die Zinsen bedienen zu können.

Zu Zeiten steigender Zinsen ist das tatsächlich sehr gefährlich, daher war diese Aktie in den vergangenen Monaten auch von 55 EUR auf 18 EUR ausverkauft worden, -68%. Die Schulden sind 16 mal so groß wie der Jahresgewinn (EBITDA). Ein Viertel des Gewinns (EBIT) muss für Zinszahlungen aufgewendet werden.

Zusätzlich müssen Aktionäre bei Laune gehalten werden. Die Dividendenrendite für das laufende Jahr 2023 wird von Analysten auf 8% geschätzt. Das ist eine stolze Höhe, zu deren Realisierung jedoch ans Eingemachte gegangen werden muss. Allein die Dividende wird, wenn sie in dieser Höhe ausgezahlt wird, 101% des für 2023 erwarteten Gewinns aufzehren.

Damit ist Vonovia in meinen Augen bestenfalls eine Spekulation für die kommenden Monate. So wirklich solide finde ich das Geschäft nicht. Zumindest habe ich meine Immobilie anders finanziert.

Aroundtown

... investiert in Gewerbeimmobilien mit guter Wertentwicklung, heißt es in der Beschreibung. Daraus lässt sich ableiten, dass das Unternehmen nicht in Bestlagen investiert, sondern bei alternativen Lagen auf eine Aufwertung setzt. Gewerbeimmobilien kamen im Lockdown unter Druck, inzwischen gibt es hybride Arbeitsmodelle, die den Bedarf an Gewerbeimmobilien deutlich reduziert haben. Die Aktie von Aroundtown ist seit dem Coronacrash von 9 EUR auf nunmehr 1 Euro gecrasht.

Im vergangenen Jahr kehrte sich der Trend zum Heimarbeitsplatz um, Unternehmen holten ihre Mitarbeiter zurück ins Büro. Der Umsatz von Aroundtown stieg um 25%. Damit ist die Corona-Erholung jedoch durch, denn schon im laufenden Jahr 2023 wird wieder ein Umsatzrückgang von 1% befürchtet. Der Gewinn (EBITDA), der im vergangenen Jahr um 18% angesprungen war, könnte dieses Jahr um 12% einbrechen.

Auch bei Aroundtown schlummert eine Nettoverschuldung von 12 Mrd. EUR, die ein Vielfaches des Jahresumsatzes von 1,6 Mrd. Euro ausmacht. Doch das ist nicht die richtige Bewertungskennziffer, da wir die Immobilien eher so bewerten müssen wie Beteiligungen bei Beteiligungsunternehmen. Der Umsatz ist nebensächlich, solange der freie Cashflow die Zinslast deckt.

Die Schulden von Aroundtown sind zwölfmal so hoch wie der Gewinn (EBIT). Dank der hohen Gewinnmarge (55%) reicht der Gewinn gerade so aus, um die Zinsen zu bedienen. Regelmäßig werden Immobilien verkauft, so dass Sondereinnahmen für eine üppige Dividende reichen. Im vergangenen Jahr betrug die Dividendenrendite 13%.

Sowohl Vonovia als auch Aroundtown segeln hart am Wind. Steigende Zinsen werden die Zinslast erhöhen. Insbesondere bei Aroundtown könnte das schnell zu Liquiditätsproblemen führen. Daher ist die Aktie so stark ausverkauft worden: Niemand kann mit Sicherheit sagen, wann die EZB ihre Zinsanhebungen beenden wird.

Solange die Situation so angespannt bleibt, dürften die beiden Aktien unter Druck bleiben. Gegebenenfalls muss die Liquidität immer wieder durch den Verkauf von Immobilien aufgebessert werden, was zwar bei der Bedienung des Kreditzinses hilft, jedoch den Unternehmenswert verringert.

Wenn nun das Ende der Zinsanhebungen in Sicht kommt, ist Schluss mit dem Verkauf von Immobilien und auf Basis der aktuellen Situation können Analysten wieder Wertberechnungen vornehmen. Da bei einem Ende der Zinserhöhungen auch die Immobilienpreise sich stabilisieren werden, dürfte es einen doppelten Effekt geben, der sich bei Bewertung der beiden hier genannten Aktien als viel zu niedrig ausweisen wird.

Aktuell dominiert also die Befürchtung vor weiteren Zinsanhebungen, die die Zinslast erhöhen und die Immobilienwerte belasten. Wenn sich der Wind dreht, wird aus Gegenwind Rückenwind, der die Aktien deutlich nach oben treiben wird.

Sto

... hatten wir vor vielen Jahren schonmal im Portfolio. Das Unternehmen ist grundsolide und segelt auch durch die Turbulenzen der vergangenen Jahre vergleichsweise stabil: 7% Umsatzwachstum p.a. in den vergangenen Jahren und aktuell 6%. Der Gewinn ist im vergangenen Jahr um 11% angewachsen, dieses Jahr werden weitere 7% erwartet. Nun ist Sto nicht ein Immobilienkonzern, sondern ein Lieferant von Baumaterialien, vorwiegend Dämmung. Damit hängt das Geschäft nur mittelbar von der Wertentwicklung der Immobilien ab.

Doch die Zurückhaltung bei Neuaufträgen im Immobiliensektor hat auch bei Sto für Falten auf der Stirn gesorgt. Bestehende Aufträge wurden abgearbeitet und haben das Unternehmen so weitgehend durch die Turbulenzen getragen. Nun steht ein schweres zweites Halbjahr an, in dem sich zeigen wird, ob die Baubranche länger Probleme haben wird, oder nicht.

Diesbezüglich ist die heutige Meldung von TAG Immobilien positiv zu werten, denn das Unternehmen sieht Licht am Ende des Tunnels und erwartet schon für das zweite Halbjahr eine deutliche Verbesserung.

Bei Sto gibt es jedoch noch eine zweite Geschichte: Steico.

Steico bietet ökologische Dämmstoffe an. Die Styropor-Platten von Sto werden unter großem Energieeinsatz produziert und sind schwer abbaubar, wenn ein Haus mal abgerissen wird. Steico ist der saubere Bruder.

Doch Steico lieferte vergangene Woche eine Umsatz- und Gewinnwarnung. Das zweite Halbjahr sei schwer vorhersehbar, in Q1 sei der Umsatz um 16% eingebrochen. Baugenehmigungen im April und Mai seien um über 30% zurückgegangen. Die Aktie von Steico brach in den vergangenen Tagen um 40% ein.

Im Kielwasser der Steico-Meldung brach auch Sto um 15% ein. Doch inzwischen zeigt sich, das was für Steico gilt, nicht automatisch auch für Sto gilt. Lassen Sie uns über die grüne Ader im deutschen Bau sprechen.

Natürlich möchten alle ihre Häuser ökologisch einwandfrei bauen und mit gutem Gewissen vorangehen. Doch wenn's finanziell eng wird, schaut man, wo man sparen kann. Und die Dämmung unter der Fassade sieht kein Mensch. Die Bauunterlagen schaut man sich beim Bau einmal an, danach nie wieder. Warum also ein Vielfaches für die Holzfaserdämmung von Steico ausgeben, wenn Styropor von Sto die gleiche Wirkung zu deutlich günstigerem Preis bringt? Von Sto ist bislang noch keine entsprechende Warnung ausgegeben worden und das Quartal ist vorüber. Sollte es ähnlich schlecht gelaufen sei, müsste Sto eine solche Meldung bringen.

Ich gehe also davon aus, dass Sto ähnlich wie TJX davon profitiert, dass Bauherren nach günstigen Angeboten schauen und dort beherzt zugreifen. Die genauen Daten zu unserem Kauf sind Heibel-Ticker PLUS Mitgliedern vorbehalten.

In den kommenden Wochen werde ich weitere Aktien vorstellen, die aussichtsreiche Kandidaten für das zweite Halbjahr sind.

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Stephan Heibel

Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.

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