Veröffentlicht von Stephan Heibel am 10.06.2010 um 09:06 Uhr

Verständnisfrage zu Griechenland-Hilfe und Schuldenbremse

Hallo Herr Heibel, ich habe in einigen Punkten Verständnisprobleme, vielleicht sind die Themen allgemein interessant. Führt die Griechenland-Hilfe zu den neuen Spar-Erfordernissen in DE, um die beschlossene Schuldenbremse dennoch einhalten zu können? Zu welchen Konditionen ist die Griechenland-Hilfe geplant? Rückgabe, Zins? Angenommen, die Hilfe wird zu 100% zurückerstattet und trägt den anfallenden Zins, wären das für mich keine normalen Ausgaben und nicht dem Haushaltsdefizit zuzurechnen.Stark vereinfacht (ohne Zinseszins und Inflation): Deutschland begibt eine Anleihe zu 2%, Laufzeit 10 Jahre, hilft Griechenland zu 7%. Pro Jahr 5% - auf 10 Jahre 50% - man könnte dann Griechenland 50% erlassen ohne zu verlieren. Ich kenne Details nicht, deshalb kann ich völlig falsch liegen. Hat die EZB beim Aufkauf von Anleihen einzelner Länder Gestaltungsspielraum durch Festsetzung des Preises? Evtl. in dem sie eine eigene Risikoeinschätzung und Bewertung von Konsolidierungsbemühungen vornimmt? Dann hätten Problemländer evtl. eine Motivation, ihre Haushaltsprobleme in den Griff zu bekommen. Kann man so nicht indirekt steuernd auf Mitgliedsländer einwirken. Mit freundlichen Grüßen, Peter aus Ulm ANTWORT: Zu einem kleinen Teil ja, der größere Teil ergibt sich aber aus dem deutschen Beitrag für das 750 Mrd. Euro EU-Rettungspaket. Ungeachtet dieser neuen Zahlungen hat Deutschland aber schon in der Finanzkrise 2008/2009 große Konjunkturprogramme verabschiedet, die das Budget der Neuverschuldung sowie sodann auch das der Gesamtschulden über die Maastricht-Kriterien katapultierte. Man hätte das gerne stillschweigend laufen lassen und "gehofft", dass ein Konjunkturaufschwung für mehr Staatseinnahmen und damit wieder zur Rückkehr unter die Maastricht-Kriterien gesorgt hätte. Doch die Finanzmärkte sind durch Griechenland nun wachsam und da ist mit dem Prinzip Hoffnung nicht mehr viel zu holen. Nun muss sofort und konsequent gespart werden, um die Maastricht-Kriterien einzuhalten - selbst wenn die Konjunktur nicht wächst. Ja, da haben Sie recht - aber ich persönlich rechne nicht damit, dass Griechenland die Schulden vollständig zurückzahlen wird. Einen Teil werden wir abschreiben müssen. Der Zins orientiert sich am Markt, ich glaube es wird der Zins des nächstschlechteren Eu-Landes zugrunde gelegt. Ihre Idee: ...ohne "nominell" zu verlieren. Wenn wir die Maastricht-Kriterien verletzen und mehr Geld aufnehmen, dann führt dies zu Inflation. Wenn wir das inflationierende Mehrgeld nach Griechenland schicken, dann leiden wir in den 10 Jahren stark unter der Inflation ohne einen finanziellen Ausgleich zu erhalten. Es gibt die Überlegung bei der EZB, eine eigene Risikoeinschätzung der EU-Länder vorzunehmen. Ich glaube aber nicht, dass die EZB der geeignete Körper für diese Aufgabe ist. Gestaltungsspielraum hat sie derzeit kaum, da oben genannter effektiver Zins des zweitschlechtesten Landes zugrunde gelegt wird. Hinter Ihren Fragen steckt die richtige Befürchtung: Ja, die EZB kann mehr Geld in den Markt geben. Auch Deutschland kann dies tun, solange die einzelnen Schuldnerländer solvent gehalten werden (durch Inflation). Dieser Weg ist in der Finanzgeschichte bereits unzählige Male gegangen worden und ich will nicht ausschließen, dass es auch diesmal wieder so geschehen wird. Zumindest könnte die Politik die Finanzmärkte kurzfristig (3 Jahre?) davon überzeugen, dass man diesen Weg erfolgreich beschreitet. Irgendwann flöge uns dann alles um die Ohren, denn zu hohe Inflationsraten werden dann auch in Deutschland für Unruhen sorgen. So zumindest meine Einschätzung.{weiter[40|9]}

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Stephan Heibel

Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.

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