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Veröffentlicht von Stephan Heibel am 11.06.2024 um 10:22 Uhr

Magnificent 7 werden von US-Kartellamt beschossen

Unter Joe Biden hat die US-Kartellbehörde (FTC) gemeinsam mit der US-Börsenaufsicht (SEC) Amazon, Apple, Alphabet und nun auch Nvidia, Microsoft und OpenAI ins Visier genommen. Ich habe den Eindruck, die Kartellbehörde schaut auf den Erfolg von Unternehmen und schüttelt dann neidisch den Kopf: Das dürfe nicht sein. Denn inhaltlich habe ich noch nichts gehört, was einen Machtmissbrauch zum Nachteil der Kunden belegen würde.

Erfolgsgeheimnis von Amazon: Innovation und Skaleneffekte

Amazon ist weltweit erfolgreich und ein Treiber von Deflation: Produkte können weltweit binnen weniger Stunden zu günstigen Preisen nach Hause geliefert werden. Natürlich gibt es viele Produkte anderswo günstiger als bei Amazon. Aber das ist doch kein Machtmissbrauch, wenn man nutzt, dass die eigenen Kunden den Komfort und die Sicherheit des eigenen Unternehmens höher schätzen als die letzten paar Cent zu sparen. Und Händler, die über Amazon verkaufen, können ebenfalls auf ein umfangreiches Angebot von Dienstleistungen zugreifen, die Amazon über die Jahre entwickelt hat.

Die Frage ist, hat Amazon seinen Erfolg durch Machtmissbrauch erzielt? Wurden Wettbewerber mit besseren Angeboten durch Dumpingpreise aus dem Markt gedrängt?

Da mag es den einen oder anderen Fall geben. Doch grundsätzlich hat Amazon stets die besten Dienstleistungen entwickelt und aufgrund der Unternehmensgröße (steigende Skalenerträge) konnten Innovationen günstiger angeboten werden. Das waren also keine Dumpingpreise, sondern die Preise waren je Kunde günstiger aufgrund der Skalenerträge des großen Unternehmens. Ich kann darin keinen Machtmissbrauch sehen.

Googles Erfolg mit AdWords: Innovation oder Machtmissbrauch?

Alphabet wird vorgeworfen, seine AdWords-Werbung auf Google und anderen Plattformen mit zu hohen Provisionen zu versehen. Die Werbung sei für Werbende zu teuer, so der Vorwurf. Aber auch hier gilt, dass der Erfolg von Google gerade auf der erfolgreichen AdWords-Plattform beruht. Besser als der Wettbewerb ist es Google gelungen, Werbung an relevante Nutzer auszuliefern. Wer im Internet Werbung schalten möchte, kommt an Google nicht mehr vorbei, auch aufgrund der Reichweite der Google-Suchmaschine.

Aber auch hier finde ich keinen Machtmissbrauch: Das Angebot von Google war einfach besser. Ich war von Anfang an dabei und habe immer wieder die unterschiedlichen Werbeplattformen getestet.

Zudem gibt es Alternativen: The Trade Desk ist ein Wettbewerber von AdWords und mit 40 Mrd. USD Marktkapitalisierung ist das Unternehmen auch nicht gerade klein. Gleichzeitig ist nun die Google-Suchmaschine unter Druck durch Chat-GPT und andere KI-Assistenten. Ganz zu schweigen von Meta und TikTok, die immer mehr Online-Zeit bei Kunden gewinnen und diese mit Werbung bespielen. Ich kann also nicht einmal ein Monopol entdecken.

Kundenwunsch kontra Kartellbehörde: Die Debatte um Apples iPhone

Apple wird von der US-Kartellbehörde vorgeworfen, seine überlegene Hardware (gemeint ist das iPhone) Wettbewerbern nicht vollumfänglich zugänglich zu machen. Wenn ich den Vorwurf richtig verstehe, möchte man Apple verpflichten, das iPhone auch für das Android-Betriebssystem zu öffnen.

Diesen Vorwurf kann ich nicht nachvollziehen. Seit Jahrzehnten lasse ich keine Gelegenheit aus, mit Windows-Fans über die Vor- und Nachteile zu diskutieren. Dabei hält sich ein Vorwurf: Apple verwendet stets veraltete Technik, die dann dem Kunden simplizistisch nutzbar gemacht wird. Die offene Welt der Techies außerhalb Apple rühmt sich, stets die neuesten Hardware-Entwicklungen verfügbar zu haben. Apple spielt dieses Spiel nicht mit.

Stattdessen dreht Apple eine Ehrenrunde mit neuer Hardware und sorgt dafür, dass keine Fehler mehr auftreten und dass dessen Nutzung einfach ist.

Weil das iPhone mit dieser Philosophie nun weltweit erfolgreich ist, möchten die Frickler auch Zugriff auf das iPhone erhalten. Würde sich die US-Kartellbehörde mit diesem Anliegen durchsetzen, wäre das eine Verhöhnung des Kundenwunsches. Der Kunde wünscht sich ein einfaches Smartphone und ist bereit, dafür auf Innovationen ein wenig länger zu warten. Warum sollte dies ein Machtmissbrauch sein? Ich würde eher untersuchen, ob andere Smartphone-Hersteller ihre Kunden mit Versprechungen neuer Innovationen verarschen, denn häufig sind sie für normale Kunden nicht nutzbar.

Kartellbehörde nimmt Nvidia, Microsoft und Chat-GPT ins Visier

Und so sorgt der Neid in der US-Kartellbehörde nun dafür, dass auch Nvidia, Microsoft und Chat-GPT ins Visier genommen werden: Die Behörden nehmen sich die Beziehung von Microsoft und OpenAI, Anbieter von Chat-GPT, vor. Es steht der Vorwurf im Raum, dass Microsoft eine Milliardeninvestition in OpenAI hätte genehmigen lassen müssen.

Microsoft und OpenAI: Ein lukratives Geschäft mit Konfliktpotenzial

Tatsächlich besteht hier in meinen Augen ein Interessenkonflikt bei OpenAI, das als Non-Profit-Organisation gegründet wurde, inzwischen jedoch Milliarden einnimmt. Das Geschäft mit Microsoft war besonders lukrativ, Alphabets AI-Projekte blieben auf der Strecke. Aber das wäre dann weniger etwas für die Kartellbehörde als vielmehr etwas für die ursprünglichen Investoren, wie beispielsweise Elon Musk, die ihr Geld für eine Non-Profit-Entwicklung gaben und das Profitstreben aus dem KI-Umfeld erst einmal in den Hintergrund stellen wollten.

Nvidia unter Beschuss: Erfolg durch 20 Jahre Innovation

Nun, wer fehlt? Natürlich: Nvidia. Mit 80% Marktanteil bei KI-Chips und einem Preisschild von 40.000 USD pro Stück fragt sich die Kartellbehörde, wieso solche Preise aufgerufen werden können.

Meine Empfehlung an die US-Kartellbehörde: Schauen Sie sich die Präsentation von Jensen Huang auf der Computex an, dann verstehen Sie, dass Nvidia heute die Früchte von 20 Jahren Risiko-Entwicklung erntet.

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Stephan Heibel

Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.

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