Bernd Förtsch ist Gründer von Flatex und eine schillernde Persönlichkeit in der Finanzwelt. Im fränkischen Kulmbach gründete er die Zeitschrift „Der Aktionär“. Sein Ruf in der Branche ist, na, wie soll ich’s sagen, man sagt ihm nach, seinen Reichtum auf dem Rücken der Kleinaktionäre erworben zu haben. Als das Internet noch jung war, wurden die Begriffe Aktienpushing und Frontrunning gerne mit seinem Namen in Verbindung gebracht.
Negative Stories über ihn gibt es schon lange nicht mehr. Inzwischen ist er eine etablierte Größe in der deutschen Finanzwelt und ihm gehören heute noch immer 20% der Gesellschaft. Aufgrund seines schlechten Rufes war ich sehr zögerlich, in Flatex zu investieren, doch CEO Frank Niehage überzeugte mich mit der Aussage, Förtsch lasse ihn machen und mische sich nicht ein.
Nun ist die Aktie von flatexDeGiro seit zweieinhalb Jahren nicht gerade der Brüller. Im Gegenteil, das Hoch von Ende 2021 ist in weiter Ferne, obwohl sich das Geschäft, wenn wir einmal den Sondereffekte des Lockdowns herausbrechen, solide entwickelte. Bei mir hat sich der Eindruck gefestigt, dass Flatex gut ist für seine Mitarbeiter und für seine Kunden und somit langfristig solide aufgestellt ist. Das würde sich irgendwann auch im Aktienkurs widerspiegeln.
Förtsch dauert das zu lange. Er hat nun in einem Interview mit der Wirtschaftswoche seine Unzufriedenheit über den Aktienkurs, über den Vorstandsvorsitzenden und über den Aufsichtsratsvorsitzenden geäußert. Es fehle ihm Innovation, so wie es bei Start-Ups der Fall ist, die fraktional Aktienkäufe anbieten oder direkten Kryptohandel ermöglichen. Auf der nächsten Hauptversammlung werde er gegen die Entlastung des CEOs Frank Niehage und des AR-Vorsitzenden Martin Korbmacher stimmen.
Wir werden in den kommenden Wochen vielleicht einen Kampf um Stimmen sehen, bei dem CEO Niehage mit konkreten Vorschlägen versucht, die Stimmenmehrheit auf seine Seite zu ziehen. Die Seite von Förtsch ist mit dem Interview klar formuliert: Die agierende Mannschaft ist seiner Ansicht nach nicht innovativ genug, es braucht neue Gesichter.
Es kann natürlich auch sein, dass CEO Niehage der Konfrontation aus dem Wege geht und freiwillig den Platz für einen Nachfolger räumt. Doch wenn das der Fall wäre, dann hätte Förtsch nicht das Interview mit der WiWo gegeben. Hätten sich die beiden untereinander geeinigt, wäre die Geschichte nicht in dieser Form an die Öffentlichkeit gelangt.
Förtsch agiert wie ein aktivistischer Investor, der sich mit Anteilen ein Stimmrecht erkauft, Änderungen fordert und versucht, weitere Aktionäre auf seine Seite zu holen. Wir kennen solche Machenschaften aus den USA, derzeit sehen wir es bei Disney. Disney gehört übrigens zu den am besten performenden Aktien des laufenden Jahres.
Eigentlich hatte ich Flatex auf „C“ gestellt, bei Gelegenheit verkaufen. Doch diese Meldung ändert alles, ich würde nun sogar zukaufen und unsere Position auf eine Übergröße ziehen.
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