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Erfahrungen eines langjährigen Lesers

Last updated on 9. Februar 2022

Sehr geehrter Herr Heibel,

als langjähriger, sehr zufriedener Leser Ihres Börsenbriefes tut es mir leid, das Abo nicht verlängern zu können. Ich habe zwar die Kündigungsfrist übersehen, ersuche aber dennoch, mein Abo „stillzulegen“.  Ich möchte mich zu gegebener Zeit wieder anmelden.

Meine zwei letzten Positionen (Colt Group und Solar-Fabrik) bedürfen auch keiner Bewertung Ihrerseits mehr, da kann ich eh nur mehr auf ein Wunder warten.

Die sehr persönlich gehaltene Form Ihres Börsenberichtes ermuntert mich, Ihnen eine kurze Beschreibung meines „Börsenlebens“ zukommen zu lassen und sei es nur, um Ihnen einen Einblick zu geben, was einer Ihrer langjährigen Leser so erlebt hat. Ich hoffe es gelingt mir in kurzer Form.

Als EDV Techniker (mittleren Alters) hatte ich so um 1998 begonnen, mich für Aktien zu interessieren. Mit SAP, Cisco, Semperit, in weiterer Folge dann die US Firmen Level3, QUALCOMM, Analog Devices und noch ein paar anderen, natürlich den Technologiesektor betreffende Firmen, hatte ich eine glückliche Hand. Viel falsch machen konnte man ja ohnehin nicht.

Weil ich so um 2000 Urlaub in Thailand machte, versah ich einige Positionen (nicht alle) mit Stopp/Loss – welch ein Glück (bei 100% Gewinn verkaufen – die waren schon drüber). Leider wollte ich bei Entrust, Colt und anderen auch (mindestens) 100% erreichen, hatte also kein Limit gesetzt. Ich hatte die noch lange Zeit und natürlich so um die – 80, – 90%, irgendwann gibt man auf zu warten.

Wie sagte schon Kostolany – „die Gier im Menschen“ Na ja, solange es unterm Strich positiv bleibt, kann man darüber lachen, und das war gerade noch der Fall.

Damals las ich auch jedes Magazin, das über Aktien, Anlagen usw. schrieb, das war auch der Zeitpunkt, zu dem ich auf Ihren Börsenbericht (ekip oder so) stieß, und seitdem genieße ich Ihre Publikationen. Nach den Technologieaktien folgte die Biotechnologie. Während ich mir im aufkommenden PC Zeitalter SELBER ausmalen konnte, wozu die Dinger gut sind und wie viele man davon verkaufen kann, konnte ich das natürlich mit Nano und Bio nicht. Also diese Spekulationen gingen schief.

Anmerkung: Damals entnahm ich die Kaufempfehlungen den Magazinen, seitdem hab ich kein einziges mehr gekauft oder gelesen (außer Bücher und Ihren Börsenbrief)

Meine Positionen dümpelten dann so dahin, und als einige schon wieder im Plus waren, konnte ich der Versuchung nicht widerstehen, meine Reserven (Pulver) einzusetzen. Bank Austria zum Beispiel/dann Hypo Vereinsbank, IDS Scheer, Marvell, Solar-Fabrik, Nabors, …. Na ja, alle konsumierten, vor allem die Amerikaner. Sah doch super aus. Kostolany würde sagen, das ist die obere, steigende Seite des Eies. Erfolg? Na ja, mal ein bisserl im Plus (meistens nach Monaten des „Zitterns“ – Nabors, …), öfter im Minus – ich hab dazugelernt, schneller auch im Minus zu verkaufen (Verlust zu realisieren ist anders als Gewinn zu verbuchen – alt bekannt)

Aber wie soll ich die Immobilienblase erkennen, bewerten? Wie soll ich eine Finanz/Bankenkrise einordnen? Wie soll ich Staatspleiten einordnen. Und die Politik, die heute Aktienkurse macht? Früher konnte man so manchen Kurseinbruch noch aussitzen und warten.

Ihre Infos sind/waren für mich jedenfalls sehr wichtig, um meine eigenen Folgerungen zu kontrollieren oder zu korrigieren.

Freunde, mit denen ich mich austauschen konnte, die Aktienpositionen hatten und die die Wirtschaft/Politik beobachteten, gibt’s eh schon keine mehr. (Sind alle wieder Bauspar- und Sparbüchlanleger geworden). Ist das alles wirklich komplizierter geworden, oder bin ich schon zu alt?

Jedenfalls flossen meine Mittel nun in Fonds (BNP Paribas – WorldselectOne First und Asset)– auch in Hinblick auf die Finanzierung meiner (unserer) Eigentumswohnung.

Diese hätte bei einem DAX von 8000 ausbezahlt werden können – wenn nicht …Griechenland, Euro und so… (eh bekannt). Meine Frage allgemein, Sie müssen nicht antworten – Wann sehen wir wieder eine stabile (Wertpapier-)Wirtschaft?

Sie haben wahrscheinlich recht – nach der Panik – aber die wird’s laut Politik nicht geben – Politik welchen Landes – Euroland?

Aber ich will meine Wohnung vor der Panik fertig zahlen – und das, wie man es sich bei Fonds vorstellt – mit 6-8% Rendite im Jahr. Sind diese Zeiten vorbei?

Übrigens habe ich eine Fähigkeit bei mir festgestellt. In den letzten Jahren ist es mir gelungen, Aktien zu kaufen, die gleich danach fallen und Aktien zu verkaufen, die gleich danach steigen. Das gleiche gilt bei Gold –unsere Eheringe (ich habe im September geheiratet), habe ich zum Höchstpreis im August erworben.

Meine Goldpositionen habe ich letztes Jahr aufgelöst – ein Jahr zu früh! – Aber gut, die habe ich in den späten 80ern, und 90ern gekauft, später dann auch als „Portfolioabsicherung“ zu meinen Aktien.

So, das sind so die Anlage/Spekulationsversuche eines Ihrer Leser. Da ich mich aber nun bei einer Firma einkaufen möchte (als technischer Geschäftsführer),sind für das nächste Jahr alle Sonderausgaben gestrichen.

Leider!

Ich wünsche Ihnen noch viel Erfolg

und einen schönen Tag aus Steyr /Oberösterreich, Peter

 

ANTWORT

Ganz herzlichen Dank für Ihr Schreiben, ich habe es mit großem Interesse gelesen. Hier ein paar Gedanken zu Ihren Zeilen:

Sie fragen, wie man Krisen und politische Wirren erkennen kann. Meine Einschätzung: Die Finanzmärkte sind irr! Die Aktienkurse und Rohstoffpreise sind von der Realwirtschaft entkoppelt, Spekulanten sorgen dafür, dass die Finanzinstrumente, die ursprünglich für die Realwirtschaft geschaffen wurde (zur Absicherung von Exportrisiken oder Einkaufsrisiken etc.) nicht mehr von Unternehmen genutzt werden. Ich habe in den vergangenen Wochen mehrere Kommentare von Mittelständlern gelesen, die explizit sagen, dass sie ihre Geschäfte mit den derzeit verfügbaren Finanzinstrumenten nicht absichern können, weil die Preise (durch Spekulanten?) nichts mit der Realität zu tun haben.

Fundamentale Betrachtungen sind in meinen Augen nicht schwerer als vor 10 Jahren, doch die Schwankungen, denen man sich als langfristig orientierter Anleger aussetzt, sind wesentlich stärker und zehren wesentlich mehr an den Nerven.

DAX 8.000? In ein bis zwei Jahren.

Ehering: Glückwunsch, Sie werden noch feststellen, dass Sie zum richtigen Zeitpunkt gekauft haben. Der Goldpreis wird sich in den nächsten drei bis fünf Jahren meiner Einschätzung nach nochmals verdoppeln.

Wann kehren wir zu normalen Börsen zurück? Ich habe mir bereits im Jahr 2000 einen langfristigen Fahrplan ausgearbeitet (Nach Elliot-Wellen-Analysen). Demzufolge erwarte ich noch bis 2013 einen steigenden Goldpreis, also zunehmende Verunsicherung gegenüber unserem Finanzsystem. Der DAX könnte demzufolge nochmals, nach einer mehrmonatigen Seitwärtsbewegung, nach oben ausbrechen, dürfte dann in ein paar Jahren aber erneut unter dem Druck der Schuldenlasten kollabieren. Irgendwann bis 2017 wird es dann eine nachhaltig tragfähige Lösung für unser Finanzsystem geben. Was in den Jahren 2013 bis 2017 passiert, weiß ich nicht, da dürfte es rund gehen.

In der heutigen Ausgabe werde ich auf die gefundenen Lösungen der EU-Schuldenkrise eingehen, und ich fürchte, ich werde feststellen müssen, dass es nur vorübergehende Lösungen sind.

Also: Behalten Sie Ihren Ehering. Aus Anlegersicht mindestens bis 2013 und aus persönlicher Sicht für die Ewigkeit 🙂 Herzlichen Glückwunsch zur Hochzeit.

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Published inBörsenbrief - Leserfragen

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