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Veröffentlicht von Stephan Heibel am 23.06.2025 um 13:56 Uhr

Die US-Aktien dürften heute folgenden Tagesablauf haben und das sind Ihre Chancen

Der heutige Ausverkauf an den Aktienmärkten dürfte begrenzt bleiben – sowohl im Hinblick auf das Handelsvolumen als auch auf die Dauer der Kursschwäche. Die Kursverluste erscheinen übertrieben. Daraus ergeben sich im Tagesverlauf potenziell attraktive Einstiegschancen, insbesondere bei Technologieaktien.

Erwarteter Handelsverlauf in 4+X Phasen

1. Vor Börseneröffnung (ca. 10:00–15:00 Uhr deutscher Zeit):

Institutionelle Anleger erteilen ihren Händlern Verkaufsaufträge für große Aktienpakete – häufig in wachstumsstarken, aber hoch bewerteten Titeln wie Nvidia, Tesla oder Palo Alto. Hintergrund sind Risikoanpassungen in den Portfolios angesichts der geopolitischen Eskalation. Diese Aufträge werden so getimt, dass sie zum US-Handelsstart wirksam werden.

2. US-Handelsstart (15:30 Uhr deutscher Zeit):

Mit Eröffnung der Wall Street rutschen die Kurse vieler S&P-500-Titel kräftig ab. Besonders belastend wirken große Put-Positionen, die nun schlagartig Wirkung entfalten: Sie zwingen Emittenten der Derivate dazu, Aktien proportional zu deren Indexgewichtung zu verkaufen – unabhängig davon, ob die zugrunde liegenden Unternehmen stabil, günstig oder aussichtsreich sind.

3. Intraday-Phase (15:45–21:00 Uhr deutscher Zeit):

Nach dem Einbruch zum Handelsstart lassen viele Händler zunächst bewusst Luft zum Atmen. Ziel ist es, durch geringere Verkaufsaktivität eine technische Gegenbewegung zuzulassen – etwa durch Rückkäufe von Leerverkäufen oder vorsichtige Zukäufe durch Schnäppchenjäger. Diese Erholung wird dann genutzt, um schrittweise weitere Positionen abzubauen – ohne die Kurse zu sehr zu drücken.

4. Letzte Handelsstunde (21:00–22:00 Uhr deutscher Zeit):

Kurz vor Handelsschluss kommt es oft zu einem letzten Verkaufsimpuls: Alle verbliebenen Aufträge, die bis zum Tagesschluss ausgeführt werden müssen, werden in den Markt gegeben. Diese geballte Liquidation drückt die Kurse erneut – häufig sogar unter das Niveau vom Handelsstart. Für die Händler ergibt sich so die Möglichkeit, im Tagesvergleich einen besseren durchschnittlichen Verkaufskurs vorzuweisen.

X. Trump-Faktor (jederzeit)

Der heutige Handelstag steht zudem unter dem potenziellen Einfluss politischer Rhetorik – insbesondere von Donald Trump. Er kennt die Mechanik der Märkte und könnte bewusst versuchen, mit einer positiven oder versöhnlichen Meldung den Verkaufsdruck zu bremsen. Eine solche Intervention würde die Dynamik gegen Handelsende abrupt verändern – und könnte einen plötzlichen Rebound auslösen.

Darum ist dieser Handelsverlauf zu erwarten

Der heutige Tagesverlauf folgt einem Muster, das sich in vergleichbaren geopolitischen Ausnahmesituationen immer wieder beobachten lässt – insbesondere dann, wenn institutionelle Investoren unter Zeitdruck Risiko aus den Portfolios nehmen müssen. Dahinter stehen drei zentrale Mechanismen:

Mechanismus 1: Verkaufsaufträge vor Börseneröffnung

Bereits am Vormittag deutscher Zeit geben Fondsmanager Verkaufsaufträge in großem Stil an ihre Händler weiter. Diese sollen die Aufträge so timen, dass sie zum US-Handelsstart greifen. Ziel ist ein bestmöglicher Durchschnittskurs im Vergleich zum Tagesschluss. Händler sind also nicht auf einzelne Preise fixiert, sondern darauf bedacht, im Tagesverlauf möglichst effizient abzustoßen.

Mechanismus 2: Wirkung von Index-Puts

Große Absicherungspositionen in Form von Puts auf den S&P 500 entfalten mit Eröffnung der US-Börse ihre Wirkung. Die Emittenten dieser Derivate müssen zur Absicherung ihrerseits Aktien verkaufen – und zwar indexbasiert, also unabhängig von der Qualität oder Bewertung einzelner Titel. Das führt dazu, dass sowohl schwache als auch starke Unternehmen gleichermaßen unter Druck geraten.

Mechanismus 3: Intraday-Verhalten bei geopolitischer Unsicherheit

Erfahrene Händler agieren in Phasen geopolitischer Verunsicherung taktisch: Sie beginnen mit einem vorsichtigen Rückzug, lassen Raum für technische Gegenbewegungen und nutzen diese gezielt für den schrittweisen Abbau von Positionen. Gleichzeitig bleibt das Risiko eines finalen Abverkaufs zum Handelsende hoch – spätestens dann, wenn alle Tagesaufträge erfüllt sein müssen.

Dieses Zusammenspiel sorgt für einen typischen Tagesverlauf mit kräftigem Minus zum Start, kurzzeitiger Stabilisierung und erneutem Druck zum Handelsende. Dass Donald Trump diese Mechanik kennt – und bewusst zu stören versucht – macht den Tag zusätzlich unberechenbar.

Ölschock und Isolation: Wie gefährlich ist der Iran-Konflikt für die Börsen?

In der Nacht zum Sonntag haben die USA gezielte Luftschläge gegen iranische Nuklearanlagen durchgeführt – ein klarer Eintritt in den Konflikt zwischen Israel und dem Iran. Als Reaktion prüft der Iran nun eine Blockade der Straße von Hormus – eine kritische Route für 20 % der globalen Öl- und 30 % der Gaslieferungen. Erste Marktreaktionen zeigen bereits: Die Angst vor einem Ölpreisschock ist real. Einige Analysten rufen Preisziele von 100 bis 150 USD je Fass Öl aus. Gleichzeitig berechnen Volkswirte bereits die Bremswirkung auf die globale Wirtschaft – Stichwort: Rezession.

Ein Ölpreis von 150 USD würde jedoch nur dann erreicht, wenn die Straße von Hormus dauerhaft geschlossen bliebe – ein Szenario, das angesichts der beträchtlichen Reservekapazitäten in den USA und Saudi-Arabien sowie möglicher Freigaben strategischer Lagerbestände als eher unwahrscheinlich gilt.

Doch die Ausgangslage ist differenzierter: Der Iran ist geopolitisch weitgehend isoliert, weder Russland noch arabische Nachbarstaaten zeigen bislang klare Unterstützung. Zudem verfügen sowohl die USA als auch Saudi-Arabien über erhebliche Produktionsreserven, um Engpässe abzufedern. Russland exportiert ohnehin am Limit, um seine Kriegsfinanzierung sicherzustellen. Historisch betrachtet führen Sanktionen und Blockaden eher zu geänderten Handelsrouten als zu einem tatsächlichen Angebotsrückgang.

Auch wirtschaftlich ist der Iran für westliche Volkswirtschaften weitgehend unbedeutend. Die direkten Handelsbeziehungen sind gering, systemische Risiken überschaubar. Die Angst vor einem Flächenbrand bleibt präsent – aber aktuell dominieren am Markt noch die taktischen Reaktionen auf die Unsicherheit, nicht die Bewertung langfristiger Auswirkungen.

Fazit – Risiko liegt auf der Oberseite

Trotz der militärischen Eskalation spricht wenig für einen anhaltenden Crash: Der Iran ist international isoliert, alternative Ölkapazitäten stehen bereit, und die wirtschaftliche Verflechtung mit dem Westen ist gering. Kurzfristige Kursabschläge erscheinen daher übertrieben – wer selektiv vorgeht, dürfte von der erwarteten Erholung profitieren.

Chancen im Abverkauf – beobachtenswerte Aktien

Der heutige Rücksetzer eröffnet gezielte Chancen für Anleger, die in Qualitäts- und Wachstumswerte einsteigen möchten. Nachfolgend finden Sie sechs Aktien, die von einem schnellen Rebound profitieren könnten – jeweils mit einer kurzen Einordnung, warum gerade jetzt ein genauer Blick lohnt.

Im Fokus stehen heute folgende Werte:

Nvidia verfügt als Marktführer für KI-Beschleuniger über einen anhaltenden Nachfragesog. Die aktuelle Schwächephase reduziert vor allem den Bewertungsaufschlag, ohne den langfristigen Wachstumspfad zu gefährden. Wer Geduld mitbringt, kann das temporär gedrückte Kursniveau für einen Nachkauf nutzen.

Palo Alto Networks bleibt eine feste Größe im Bereich Cybersicherheit. Sicherheitsbudgets gelten als Pflichtposten selbst in vorsichtigen IT-Planungen. Das Unternehmen koppelt planbare Abonnementumsätze mit hoher Margenstärke – ein defensives Wachstumsprofil, das in volatilen Marktphasen zusätzlichen Schutz bietet.

Tesla ist traditionell volatil, was heute Spielraum für Trader eröffnet. Produktionsmargen sind bereits eingepreist, während mittel- bis langfristig die Robotaxi- und KI-Plattform-Story das Bewertungs­potenzial stützen dürfte. Wer kurzfristige Schwankungen aushält, kann sich strategische Stücke sichern.

Salesforce überzeugt mit stabilen Abo-Erlösen aus seinem CRM-Kernecosystem. Die Integration von generativer KI in die Plattform schafft zusätzliche Preissetzungsmacht. Nach der Korrektur liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis wieder in Reichweite des historischen Durchschnitts – ein günstiger Einstieg für langfristig orientierte Investoren.

Capital One punktet mit einer soliden Position im Kreditkarten- und Konsumentenkreditgeschäft. Das Risikomanagement gilt in der Branche als konservativ, wodurch sich die Bank in turbulenten Phasen häufig robuster entwickelt als Fintech-Wettbewerber. Zudem profitiert Capital One von einem höheren Zinsniveau, da es die Nettozinsmarge der Bank direkt stützt. Insgesamt bleibt der Titel ein defensiver Finanzwert mit Zusatzrendite durch steigende Zinsen.

PVA Tepla hat sich als Spezialist für Halbleiter-Prozessanlagen etabliert. Obwohl die Aktie seit Jahresbeginn bereits um gut 42 Prozent gestiegen ist, bleibt das Bewertungsniveau im historischen Vergleich attraktiv. Die anhaltend starke Nachfrage nach Siliziumkarbid-Anlagen könnte den Wachstumszyklus weiter verlängern.

Fazit: In einem Umfeld, das von geopolitischer Unsicherheit und kurzfristiger Panik geprägt ist, eröffnen sich auf Einzeltitelebene attraktive Einstiegsniveaus. Wer selektiv vorgeht, dürfte von einer erwarteten Erholung profitieren, sobald die Märkte die geopolitischen Risiken einge­preist und den Blick wieder auf fundamentale Stärken gerichtet haben.

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Stephan Heibel

Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.

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