Veröffentlicht von Stephan Heibel am 22.03.2010 um 12:08 Uhr

Börsenanalyse: Abzocke mit scheintoten Aktien

WaMuLassen Sie mich an dieser Stelle ein immer wiederkehrendes Thema ansprechen, das insbesondere nach der jüngsten Krise und den nun kräftig angestiegenen Kursen viele von Ihnen beschäftigt: die Wiederauferstehung von Aktien. Sei es Japan Airlines, Washington Mutual, General Motors oder Thornburg Mortgage oder eine Vielzahl anderer in die Insolvenz gegangene Unternehmen, immer wieder kaufen Anleger deren Aktien in der Hoffnung, dass sich das alte Geschäft erholt und die Aktien wieder auferstehen. Viele Anleger halten diese Aktien einfach über Jahre, bis sie letztlich von ihrer Bank ausgebucht werden. Ich werde immer wieder nach Aktien von praktisch toten Unternehmen gefragt. Unternehmen, die in die Insolvenz gegangen sind und anschließend versuchen, möglichst viele Gläubiger und Arbeitsplätze zu retten. Es ist politisch gewollt, dass sowohl Arbeitsplätze gerettet werden, als auch Lieferanten und Geschäftspartner nicht in ein Loch fallen zu lassen. Also wird der Geschäftsbetrieb während der Abwicklung der Insolvenz aufrechterhalten, damit anschließend ein neu aufgestelltes Unternehmen möglichst viele der ursprünglichen Geschäftsbeziehungen fortführen kann. Eine Gruppe wird dabei jedoch nicht besonders gut behandelt: Die Aktionäre. Aktionäre sind Anteilseigner des Unternehmens und haben während der guten Zeiten über ihr Stimmrecht auf der Hauptversammlung die Möglichkeit, Einfluss auf das Geschäft des Unternehmens zu nehmen. Ist das Unternehmen pleite, dann haben Aktionäre ihre Anteile verloren. In dem Prozess, Arbeitsplätze zu retten und Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten aufrecht zu erhalten wird nun das Tafelsilber des Unternehmens liquidiert. Mit dem Erlös werden in einer genau festgelegten Reihenfolge die Lieferantenverbindlichkeiten bezahlt, Gehälter gezahlt, Anleihen zurückbezahlt und erst ganz am Schluss, wenn genug Geld übrig bleibt, erhalten die Aktionäre vielleicht ein paar Pfennig. Meistens erhalten die Aktionäre nichts. Wenn die Chancen aber so schlecht stehen, warum werden die Aktien solcher scheintoten Unternehmen noch so stark gehandelt? Häufig sind die Tagesumsätze sehr hoch und als Laie bekommt man den Eindruck, dass dort noch die Chance auf eine positive Wende des Dramas möglich ist. Diesen Eindruck bekommt man jedoch allein aus der Beobachtung des Kursverlaufs und des Handelsvolumens, nicht aus der Tagespresse, die über die Abwicklung der insolventen Firma schreibt. Meiner Ansicht nach muss man solche Aktien von der Börse nehmen, denn es werden immer wieder Laien zu Spekulationen in diese Aktien hinein gezogen. Doch die Finanzindustrie verdient recht gut an diesen Penny-Stocks: Broker spekulieren gegen die Laien, kaufen immer wieder zu einem Cent und verkaufen zu zwei Cent. Und die Börsen freuen sich über die Provisionseinnahmen, die diese Umsätze generieren. Für Börse und Broker gibt es also keinen Grund, die Aktien von der Notierung auszusetzen. Na und Ihre Bank verdient normalerweise eine Jahresgebühr je Position in Ihrem Depot, auch Ihre Bank hat also nichts dagegen einzuwenden, Sie mit ein wenig Hoffnung auf die Wiederauferstehung zu versorgen. Ich bin sicher, es gibt nun den einen oder anderen, der mir beweisen kann, dass er mit dem Spekulieren in diesen scheintoten Aktien schon einmal viel Geld verdient hat. Doch das ist die Ausnahme. Ich erhalte unzählige Anfragen und immer sind es Privatanleger, die durch das hohe Handelsvolumen noch ein Fünkchen Hoffnung haben - leider meist zu Unrecht.{weiter[40|9]}

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Stephan Heibel

Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.

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