Veröffentlicht von Stephan Heibel am 23.05.2019 um 07:33 Uhr

Arlo: Der schlimmste IPO 2018

Sehr geehrter Herr Heibel,

Eine kurze Frage an Sie im Bereich von Sicherheitskameras für den privaten oder geschäftlichen Gebrauch. Ich finde die Firma Arlo Technologies ARLO US, respektive deren Produkte als begeisterter Kunde äusserst interessant. Nun habe ich gesehen, dass der Börsenpreis seit dem IPO (Abspaltung von NETGEAR) im August 2018 fast ins Bodenlose gefallen ist. 


Nun die Frage an Sie: Sehen Sie Punkte bei einer Einschätzung der Firma, die grundsätzlich mittel- bis langfristig gegen einen deutlichen Anstieg des Aktienpreis sprechen würden? 


Herzliche Grüsse und schon mal ganz tolle Ostertage, Ueli aus dem Aargau, Schweiz

Arlo Ultra Überwachungskamera

ANTWORT:

Arlo hat mich interessiert, weil das Unternehmen mit künstlicher Intelligenz in Echtzeit Bilder auswertet und entscheidet, ob auf der Überwachungskamera ein unbedeutendes Tier oder aber ein Einbrecher zu sehen ist. Zudem werden die Überwachungskameras mit einem Abo-Dienst verkauft, da die Auswertung in der Cloud stattfindet und monatliche Gebühren nach sich zieht. 


Doch die Story klingt besser als sie ist. Ich habe mich nun in das Unternehmen eingelesen und muss feststellen, dass der Wettbewerb recht hart ist: Amazon bietet mit SimpliSafe Sicherungen für Türen und Fenster an, Google Nest hält Outdoor-Überwachungskameras bereit. 

Außerdem ist das Geschäft mit der Hardware in diesem Bereich nicht leicht, wie wir an GoPro und Fitbit gesehen haben. 

Für vergangenen November, also rechtzeitig für das Weihnachtsgeschäft, hatte Arlo eine neue Generation von Überwachungskameras angekündigt. Anfang Dezember wurde bekannt gegeben, dass aufgrund von Akkuproblemen die Auslieferung erst im neuen Jahr starten kann, das Weihnachtsgeschäft warb verloren. 

Inzwischen ist das neue Produkt, Arlo Ultra, verfügbar, doch der Launch läuft schleppend, da die Nachfrage bereits im vergangenen Jahr nicht so groß ist wie gewünscht, die Lager der Händler sind noch voll mit alten Produkten. Die Folge sind Preisnachlässe, um zunächst die Lager leerzuräumen. 

Insgesamt muss man sagen, dass die Ausgliederung für mich eher unglücklich terminiert wurde: Ein neues Produkt wurde versprochen, war dann aber noch nicht fertig. Der Wettbewerb zieht an. Investitionen sind erforderlich, um wettbewerbsfähig zu bleiben / werden und die Barreserven wurden für diese Situation zu klein ausgelegt, man diskutiert schon wieder , ob frisches Kapital benötigt wird. 

180 Mio. USD Barreserven sind verfügbar, das Unternehmen verbrennt derzeit 100 Mio. USD im Jahr. Viele Analysten, die vor einigen Monaten anlässlich der Q-Zahlen noch kritische Fragen stellten, waren bei den jüngsten Q-Zahlen gar nicht mehr dabei, haben dem Unternehmen offensichtlich den Rücken gekehrt. Das Management geht in seinen Telefonkonferenzen mit keinem Wort auf den Kursverfall ein, als ob da ein Problem totgeschwiegen wird. 

Natürlich ist es möglich, dass die Probleme gelöst wurden und das Unternehmen im weiteren Jahresverlauf wie Phönix aus der Asche empor steigt. Wenn man dem Management glaubt, dann wird das so kommen. Doch mir fehlt der Einblick in das Produkt Arlo Ultra und ein Grund, warum dieses Produkt besser ist als die Produkte der Konkurrenz. Also warte halte ich mich vorerst mal zurück. 

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Stephan Heibel

Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.

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