Veröffentlicht von Stephan Heibel am 25.06.2008 um 07:43 Uhr

Aktienanalyse: General Electric mit Problemen in der Finanzbranche

Sehr geehrter Herr Heibel, wie sehen Sie die Chancen für General Electric GE auf die Sicht der kommenden 5 Jahre? Grüsse aus Basel, Jürg ANTWORT: Oh, das ist nicht leicht. GE hat sich in den vergangenen Jahren von den Lockrufen der Finanzbranche verleiten lassen, und so war GE im Jahr 2006 der weltweit größte Finanzierer von Konsumenten sowie Unternehmen. Das Unternehmen hat keine Bank, sammelt also keine Spareinlagen ein. Der Verkauf der eigenen Produkte wird jedoch nur zu gerne finanziert. Dafür holt sich das Unternehmen mit Hilfe seines AAA-Ratings Kredite von den Banken. Am 11. April, vier Wochen nach der Bear Stearns Beinahe-Pleite, kam heraus, dass GE auch mit Bear Stearns eng verbandelt war und eine rege Geschäftsbeziehung unterhielt. Darüber hinaus hat GE auch auf dem Markt der Immobilienderivate mitgemischt. Damit war GE von heute auf morgen als Finanzinstitut abgestempelt. Der Kurs brach um 13% ein, als dieser Umstand bekannt gegeben wurde. Der Gewinn das Unternehmens fiel um 20% geringer aus als im Vorjahr, und das ist für den kontinuierlichsten und vermeintlich am besten diversifiziertesten Gemischtwarenhändler eine Katastrophe: Gerade GE galt bis dahin als so gut diversifiziert, dass das Unternehmen von jeder Marktphase profitieren kann. So hatte man zwar kleine Verluste im Finanzbereich GE Capital erwartet, aber erhoffte sich eine Kompensierung dieser Verluste durch das gute Auslandsgeschäft, insbesondere durch die großen Infrastrukturprojekte. Diese waren denn auch der beste Geschäftsbereich mit 17% Umsatzwachstum, aber der Verlust aus den Finanzgeschäften war um ein Vielfaches größer als befürchtet. Somit gilt GE nunmehr also als der Finanzbranche zugehörig. Die Prognosen für das laufende Jahr wurden gesenkt, GE wird jetzt erst einmal zeigen müssen, dass es die Finanzengagements zurückfahren kann. Der Kurs von GE ist mit 29 USD auf dem Niveau von Ende 2003. Die Kursgewinne der vergangenen fünf Jahre sind ausradiert. Das KGV steht nun bei 13, die Dividendenrendite beträgt 4,1%. Als weltweit größter Finanzierer schiebt das Unternehmen Kredite in Höhe von 550 Mrd. USD vor sich her, eine fast unvorstellbare Größenordnung. Die Marktkapitalisierung von GE beträgt 290 Mrd. USD, der Umsatz 172 Mrd. USD. Never Catch a falling knife - ich würde nun noch nicht alles auf eine Karte setzen. Ein Boden ist noch nicht gefunden, und die Finanzkrise ist noch immer im Gange. Dennoch muss ich zugeben, dass GE noch nie so günstig zu haben war. Da Sie mit einem Zeithorizont von 5 Jahren anlegen wollen, würde ich nun beginnen, schrittweise einzusteigen: Das erste Viertel Ihrer angestrebten vollen Position würde ich jetzt kaufen, das zweite Viertel im Falle eines weiteren Rückfalls des Kurses unter 27 USD. Sollte sodann noch ein weiterer Ausverkauf in Richtung 22 USD erfolgen, so würde ich nochmals die verbleibenden 50% einsetzen. Dreht der Kurs jedoch bereits jetzt, so fahren Sie nur mit einer kleinen Position mit. Der Kursanstieg dürfte jedoch dementsprechend länger in Anspruch nehmen, so dass es mir auch nicht mehr als eine kleine Position wert wäre. {weiter[40|9]}

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Stephan Heibel

Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.

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