Mitten in der Wüste, in Riad, stellte Nvidia-Chef Jensen Huang vergangene Woche ein Projekt vor, das die globale KI-Landschaft verändern könnte: Über 18.000 Blackwell-Chips – Nvidias neueste Generation von KI-Prozessoren – sollen an die saudische Firma Humain geliefert werden. Finanziert wird der Milliarden-Deal vom staatlichen Pensionsfonds des Königreichs. Und das ist erst der Anfang: Langfristig plant Saudi-Arabien eigene Rechenzentren mit bis zu 500 Megawatt – mehr als doppelt so viel wie bisher als Benchmark galt.
Es ist ein Paradigmenwechsel, der sich hier abzeichnet. Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch geopolitisch.
Nur Tage nach der saudischen Ankündigung folgten ähnliche Partnerschaften mit Katar und – am Montag letzter Woche – mit der Stadt Taipeh auf der Computex-Messe in Taiwan. Huang nutzt den Begriff Sovereign AI, um eine neue Ära zu beschreiben: KI-Infrastruktur, die nicht mehr auf westliche Cloud-Giganten wie Microsoft, Google oder Amazon angewiesen ist, sondern unter staatlicher Kontrolle steht.
Auch die Vereinigten Arabischen Emirate ziehen nach: Mit Unterstützung der US-Regierung dürfen bis zu 500.000 Nvidia-Chips jährlich exportiert werden – Grundlage für eines der weltweit größten KI-Rechenzentren in der Region.
Und sogar in den USA selbst setzt man auf Sovereign AI – in Form privatstaatlicher Megaprojekte: Oracle hat vergangene Woche rund 400.000 Nvidia-Chips für ein neues OpenAI-Rechenzentrum in Texas bestellt. Das Projekt ist Teil des sogenannten Stargate-Vorhabens, bei dem Nvidia gemeinsam mit Oracle, SoftBank und Abu Dhabis MGX eine neue KI-Infrastruktur aufbauen soll – mit einem Volumen von über 500 Milliarden US-Dollar.
Interessant ist dabei, wie sehr Nvidia von der politischen Großwetterlage profitiert. Eigentlich sollte eine sogenannte „AI-Diffusionsregel“ den Export von Hochleistungschips an Länder wie Saudi-Arabien unterbinden – doch die Regel wurde in letzter Minute gestrichen. US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump setzt auf wirtschaftliche Expansion statt technischer Begrenzung. Das öffnet Nvidia Märkte, die vor Kurzem noch tabu waren.
Die Deals markieren den Beginn eines neuen Wachstumszyklus für Nvidia – diesmal nicht getrieben von US-Techkonzernen, sondern von staatlich gesteuerten KI-Offensiven weltweit. Während westliche Cloud-Anbieter um Marktanteile kämpfen, wächst Nvidia mit jedem nationalen KI-Projekt mit – unabhängig von den großen Plattformen.
Für Anleger bleibt die Nvidia-Aktie damit auch nach dem Hype um Blackwell hochinteressant. Der Ausbau souveräner KI-Systeme könnte der nächste Treiber sein – politisch gewollt, global gestützt.
Doch die geopolitische Expansion ist nur eine Seite der Medaille. Auch technologisch legt Nvidia nach – und zeigt, dass die KI-Revolution nicht nur weitergeht, sondern gerade erst beginnt.
Parallelisierung war schon immer die große Stärke von Nvidias GPUs – doch mit der Einführung von NVLink Fusion geht das Unternehmen noch einen Schritt weiter. In seiner GTC-Keynote in Taiwan stellte Jensen Huang die neue Technologie vor, mit der nun auch Chips anderer Hersteller in Nvidias Parallelarchitektur integriert werden können.
Bislang war paralleles Rechnen hauptsächlich innerhalb eines Chips oder Rechenzentrums möglich – jetzt aber lassen sich spezialisierte KI-GPUs von Anbietern wie Broadcom, Marvell oder MediaTek vernetzen und gemeinsam nutzen. Besonders im Inferencing – also beim Ausspielen von KI-Ergebnissen – lassen sich damit enorme Effizienzgewinne erzielen.
Für viele Kunden ist das attraktiv, denn spezialisierte Chips sind oft günstiger als Nvidias Hochleistungsgrafikprozessoren. Dennoch bleibt Nvidia die zentrale Infrastruktur: Es liefert das Betriebssystem für die gesamte KI-Welt.
Ein Beispiel für die Dynamik des KI-Markts ist Coreweave. Das Unternehmen gilt als einer der führenden Anbieter beim Aufbau spezialisierter KI-Rechenzentren – unter anderem für Nvidia und OpenAI. Obwohl Coreweave im Jahr 2024 nur rund 2,7 Milliarden US-Dollar Umsatz machte und bereits 11 Milliarden an Schulden trägt, konnte es vergangene Woche eine neue Anleihe im Volumen von 2 Milliarden Dollar platzieren.
Der Grund für diesen Optimismus: Die Nachfrage nach KI-Rechenzentren mit Nvidia-GPUs ist weiterhin enorm. Die Bewertung von Coreweave stieg zuletzt auf über 50 Milliarden Dollar – die Aktie legte im Mai um rund 200 Prozent zu. Der Markt setzt darauf, dass die Infrastruktur der Zukunft von Unternehmen wie Coreweave gebaut und von Nvidia geliefert wird.
Ob in Saudi-Arabien, den VAE oder den USA – Nvidia gelingt es, sich in staatlich gesteuerte Großprojekte einzuklinken und zugleich technologisch neue Standards zu setzen. Mit NVLink Fusion vernetzt das Unternehmen künftig nicht nur eigene GPUs, sondern öffnet sich für ein ganzes Ökosystem an KI-Hardware.
Der KI-Hype hat sich damit längst in langfristige Investitionen übersetzt. Für Nvidia bedeutet das: nicht nur steigende Stückzahlen, sondern eine zentrale Rolle in der strategischen Infrastrukturplanung von Staaten und Unternehmen weltweit.
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