Veröffentlicht von Stephan Heibel am 15.12.2017 um 13:56 Uhr

Dialog Semiconductor wieder einmal unter Druck

Hallo Herr Heibel, können Sie diesen Freitag bitte eine Einschätzung zu Dialog Semiconductor abgeben. Wäre prima. Leonard aus Kleinmachnow   ANTWORT:

ich hatte am 13.4.17 folgenden Artikel geschrieben, in dem ich bereits auf die Gefahr der Apple-Eigenentwicklungen hinwies:

13.04.2017 - 14:51 
Teaser veröffentlichen Tumult im Chipland
Anfang des Monats gab das britische Chipunternehmen Imagination Technologies die Warnung aus, Hauptkunde Apple könne für künftige iPhones eigenentwickelte Graphikchips nutzen. Man vermute, Apple werde Patente von Imagination verletzen. Die Meldung schlug ein wie eine Bombe, über Nacht verlor das Unternehmen zwei Drittel seiner Marktkapitalisierung. 

Dienstag dieser Woche hat Bankhaus Lampe auf die Gefahr hingewiesen, dass Apple auch die Power-Chips von Dialog Semiconductor selbst entwickeln könnte. Reuters fügte der Analyse zu, dass Berichten zufolge Apple "wie verrückt" Dialog-Ingenieuren aus München nachstelle und versuche, sie für Apple zu gewinnen. Die Aktie gab zeitweilig ein Drittel ihres Wertes ab, verkleinerte jedoch seither das Minus auf "nur noch" 20%. 

Gestern hat nun Pacific Crest eine Liste von Apple-Zulieferern auf die Gefahr hin untersucht, ob Apple deren Produkte selber herstellen könne. Besonders gefährdet sei Synaptics, so der Analyst. Apple habe bereits eine Reihe von Ingenieuren eingestellt, die sich im Umfeld dieser Produkte (OLED-Absicherung) auskennen. Dennoch sei die Gefahr der Ablösung Synaptics durch ein eigenes Produkt gering, da Apple die dazu erforderliche Infrastruktur nicht habe. So blieb der Ausverkauf bei Synaptics auf 2% begrenzt. 

Damit hat man an der Wallstreet ein neues Spiel gefunden: Chip-Bashing. Alle Chipproduzenten, die sich in einer starken Abhängigkeit von Apple befinden, sind nun latent gefährdet, Opfer einer solchen Meldung zu werden. Die Gefahr ist nicht neu. In jedem meiner Kommentare zu Dialog Semi habe ich stets darauf hingewiesen, dass sich Dialog in einer starken Abhängigkeit von Apple befindet. Für mich war Dialog aus genau diesem Grund niemals ein Investment wert, lediglich spekuliert habe ich einmal in dem Unternehmen. 

Was ist dran, an den Gerüchten? 

Nun, Apple ist stets auf der Suche nach Möglichkeiten, die eigene Profitabilität zu steigern. Es gehört zum normalen Produktzyklus, dass Innovationen zunächst sehr teuer eingekauft werden, sich über die Zeit im Preis vermindern und schließlich nur noch eine sehr geringe Gewinnmarge tragen, wenn die Innovation nicht kontinuierlich fortschreitet. Zudem wird Apple schauen, welche Innovationen das iPhone von der Konkurrenz abheben können, und wo sich ein Mehrpreis für bspw. eine halbe Stunde mehr Akkulaufzeit nicht mehr lohnt. 

Für das iPhone 8 wird ein starker Fokus auf Anwendungen der virtuellen Realität (Virtual Reality) erwartet. In das Kamerabild könnten beispielsweise Informationen aus Apple Maps integriert werden. Dies wird ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal (sprich: Marketingargument!) des iPhone 8 sein. Dafür wird der Kunde bspw. in Kauf nehmen, dass der Akku eine halbe Stunde weniger reicht. 

Was aber auch sein kann ist, dass Apple als Auftraggeber von Dialog Semi dafür sorgen möchte, dass Dialog Semi präzise Vorgaben erhält, um die Innovationen in die richtige Richtung zu lenken. Und je qualifizierter das Personal von Apple, das mit Dialog Semi zusammenarbeitet, desto gezielter wird Dialog Semi forschen können. 

Ist das Abwerben von Dialog-Ingenieuren also eine Kampfansage, oder aber eine Stärkung des eigenen Know-hows? Wir werden es erst erfahren, wenn es zu spät für Dialog ist. Bis dahin lässt sich festhalten, dass auf der einen Seite das Bewertungsniveau von Dialog deutlich günstiger geworden ist, auf der anderen Seite die Risiken jedoch deutlich zugenommen haben. Viel geändert hat sich dadurch an meiner Einschätzung vorerst nichts. 

Wir können das ganze aber auch noch durch eine andere Brille betrachten: Im Jahr 2016 waren Chip-Aktien wie Nvidia (+230%) und AMD (+315%) die Highflyer der Chipindustrie. Warum gerade die beiden? Weil Apple im vergangenen Jahr unter den rückläufigen iPhone-Absatzzahlen litt, und mit Apple litten alle Unternehmen, deren Geschäft maßgeblich von Apples Erfolg abhing. Wer also eine Aktie aus dem Chipsektor kaufen wollte, der suchte nach Apple-unabhängigen Unternehmen. Das waren Nvidia (Graphikkarten für Datenzentren) und AMD (Graphikchips für Spiele). 

Mit dem iPhone 8 vor der Tür, dem Jubiläums-iPhone, dem iPhone, das einen Superzyklus haben wird (Superzyklus = viele Nachfragezyklen verstärken sich, bspw. vertragsmäßige Erneuerungen nach 2 Jahren, Austausch veralteter iPhones nach 3 und mehr Jahren, Neukunden durch besonderes Feature wie Virtual Reality, ...), mit diesem iPhone 8 wird nun ein Absatzrekord erwartet. Die Absatzprognosen der Analysten werden derzeit im Wochenrhythmus angehoben. Und von diesem Superzyklus werden natürlich auch die Zulieferer profitieren: Dialog Semi, Imagination Techn., Synaptics, aber auch Cirrus Logic, Broadcom, Qorvo, Micron und ... Skyworks (endlich kommt der Heibel zum Punkt ;-). 

Während die Apple-unabhängigen Aktien seit Jahresbeginn auf der Stelle treten, haben die Apple-Zulieferer in den vergangenen Wochen stark zugelegt. Skyworks hat dieses Jahr bereits 27% zugelegt und ist damit unser bestes Pferd im Stall. Nvidia und AMD wurden nicht verkauft, weil sich deren Geschäft verschlechtert hat oder weil die Aussichten sich eintrübten, sondern weil institutionelle Anleger in diesen Positionen auf mehreren hundert Prozent Plus saßen und nun nach Geldquellen für die heiße Spekulation des Jahres 2017 suchen: das iPhone 8. 

Dieses Jahr haben wir bei Skyworks schon eine kleine Dividende kassiert und die Gewinne durch einen Teilverkauf gesichert. Ich kann mir gut vorstellen, dass in den kommenden Wochen irgendein Analyst eine Story ausgräbt, die wie eine Weltuntergangsstory für Skyworks klingen wird. Kleiner Tipp für Analysten: Wie wäre es mit dem hohen Anteil des China-Geschäfts von Skyworks und einer Story, dass die harte Gangart Trumps Skyworks Geschäftsbasis gefährdet? 

Die Aktie würde dann kräftig Federn lassen und institutionelle Anleger, die den Braten riechen, könnten sich nochmals kräftig in Skyworks engagieren. Wenige Monate vor der iPhone 8 Einführung wäre jeder Rückschlag bei den Apple-Zulieferern eine willkommene Gelegenheit. Insbesondere nachdem wir in den vergangenen Wochen gesehen haben, dass gerade Skyworks jede Marktkonsolidierung schneller durchlief als der Markt und anschließend um so stärker anstieg. Es gibt offensichtlich eine echte Not, in Skyworks reinzukommen. Und was wäre da schöner als ein kleiner Skandal? 

Wie sollten wir uns verhalten? Nun, es ist extrem schwer, im Falle eines plötzlichen Rückschlags schnell genug einzusteigen. Ich zumindest traue mir nicht zu, Sie schnell genug mit ausreichend Informationen zu versorgen, damit Sie in einen solchen Ausverkauf hinein kaufen. Daher würde ich unsere Position halten. Sollte der Ausverkauf uns ausreichend Zeit geben, würde ich ihn zum Nachkaufen nutzen. Andernfalls segeln wir mit unserer bestehenden Position in Richtung iPhone 8-Markteinführung im Herbst.

...

Stephan Heibel

Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.

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