Es wird derzeit viel an der weltgrößten Bank Citigroup kritisiert und bemängelt. Die jüngsten strategischen Entscheidungen des CEOs Chuck Prince werden als Fehler herausgestellt, in Studien wird ein Wert für die Einzelteile der Citigroup berechnet, der um 25 % über dem aktuellen Marktwert liegt. Große Hedgefonds haben die Citigroup ins Visier genommen und rufen laut nach einer Zerschlagung des Konzerns.
Ich halte das für ein inszeniertes Theaterstück par excellence. Kein einziger Hedgefondsmanager möchte den weltgrößten Finanzdienstleister tatsächlich zerschlagen. Gerade im Finanzgeschäft, wo die Margen dünn sind wie ein Blatt Papier, kommt es auf Größe an und da kann die Citibank als aggressiver Käufer im Markt auftreten. Meiner Ansicht nach möchten Hedgefonds darauf aufmerksam machen, dass Chuck Prince nicht der richtige Mann auf dem Thron ist.
Doch die Lobby von Prince ist gut. Er wurde vor zwei Jahren auf den Citigroup – Thron gehoben, als die amerikanische Finanzbehörde einige Mauscheleien aufdeckte und ein Mann gebraucht wurde, der wie ein penibler Buchhalter alles zur Aufklärung bringt. Prince war der richtige Mann und so wurde damals den Aktionären mitgeteilt, dass Prince nach erledigter Säuberung des Konzerns den Thron wieder räumen werde.
Doch Macht macht süchtig! Die damaligen Vorwürfe sind inzwischen mit einigen Entlassungen und Entschädigungszahlungen längst Geschichte, doch der Prince sitzt noch immer auf dem Thron. Und er nistet sich dort immer fester ein. Inzwischen fängt er an, strategische Entscheidungen zu treffen. So hat er kürzlich das japanische Investmenthaus Nikko Cordial für 7,7 Mrd. USD gekauft. In Japan ist das Finanzgeschäft nach 13 Jahren Konsolidierung gerade gesund genug um zu überleben. Ein Einstieg zu diesem Zeitpunkt in das japanische Investmentgeschäft ist ungünstig.
Noch bei seinem Amtsantritt hat sich Chuck Prince über die skrupellosen schnellen Gewinne der Hedgefonds beschwert. Vor zwei Monaten hat er nun für die Citigroup den Old Lane Hedgefonds gekauft, ein gerade gegründeter Hedgefonds, deren Manager keine Reputation mitbrachten. Dennoch hat er dafür ein Vermögen auf den Tisch gelegt.
Er geht weiter auf Einkaufstour: In Englang hat er EGG gekauft, die dort größte Onlinebank. Eine klare Linie oder Strategie lassen diese Übernahmen vermissen. Doch der Erfolg oder Misserfolg solcher Übernahmen wird immer erst nach sechs bis achtzehn Monaten offensichtlich, und so lange wollen Anleger nicht mehr warten.
Also wurde dieses Wochenende im Wallstreet Journal eine Rechnung aufgestellt, der zufolge heute schon der Wert der einzelnen Teile von Citigroup mehr wert ist als der aktuelle Marktwert. Das ist ein Argument, das die Hedgefondsmanager gerne aufgreifen und weitertragen. Auf der nächsten Hauptversammlung wird sich Chuck Prince vielen unangenehmen Fragen gegenüber sehen, seine Machtposition wird angekrazt werden.
Es ist nun spannend zu beobachten, ob es Hedgefonds gelingen wird, Prince vom Thron zu jagen oder nicht. Mit Kosteneinsparungen insbesondere durch Entlassungen hat Prince den Konzern schlank gemacht. Eine neue strategische Ausrichtung traue ich dem Erbsenzähler nicht zu. Seit seinem Amtsantritt hat sich die Aktie nicht bewegt. Seine Entthronung wäre in meinen Augen einen Kurssprung von 8-10 % wert.
In meinem Börsenbrief, dem Heibel-Ticker, werde ich diesen Wert weiter beobachten. Wenn sich die Anzeichen für einen bevorstehenden Abflug von Prince verdichten werde ich gegebenenfalls einen Call-Optionsschein vorstellten. Mehr dazu unter http://heibel-ticker.de.
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