Veröffentlicht von Stephan Heibel am 23.02.2010 um 14:01 Uhr

Aktienanalyse: Die Überraschung war vorhersehbar - hier meine Detail-Analyse aus meinem Börsenbrief von vor neun Monaten

Die Commerzbank hat heute einen "überraschend hohen Verlust" vermeldet. Viele Analysten hatten die Prognosen von CEO Blessing für viel zu optimistisch gehalten - vielleicht war da ein wenig Zweckoptimismus dabei. Ich habe im Mai vergangenen Jahres die Commerzbank gegen die Deutsche Bank antreten lassen. Das Ergebnis meiner damaligen Analyse, die Deutsche Bank zu kaufen und die Commerzbank zu meiden, hat Ihnen bei der Deutschen Bank bislang 20% Plus beschert, während die Hausse des vergangenen Jahres an der Commerzbank unterm' Strich spurlos vorbei ging. Die Detailanalyse von damals ist heute noch aktuell, so dass ich die damals nur für die zahlenden Abonennten meines Börsenbriefes Heibel-Ticker PLUS ausgearbeitete Analyse nun hier der Allgemeinheit zur Verfügung stelle. Ich wünsche eine anregende Lektüre. {weiter[40|9]} >>Auszug vom Heibel-Ticker PLUS 09/20 vom 21.05.2009 04. DETAILANALYSE: DEUTSCHE BANK GEGEN COMMERZBANK ======================================= Mein Wunsch, die beiden großen DAX-Banken analysiert zu bekommen, haben die von mir angesprochenen professionellen Analysten erst einmal abgeschmettert: Viel zu kompliziert, viel zu aufwendig. Mit dem Preis, den ich bislang für die Analysen zahlte, kommen wir da nicht hin. Nun ist der Bankensektor aber der Kern der Krise und mein Interesse an einer Analyse ist unglaublich groß – und somit auch meine Zahlungsbereitschaft. Ich erläutere Ihnen dies hier einmal, damit sie wissen, dass ich nicht die eierlegende Wollmilchsau bin: Ich kann nicht alles wissen und insbesondere wenn es um Detailkenntnisse zu einzelnen Unternehmen geht, brauche ich manchmal Hilfe. Damit der Heibel-Ticker sich weiterhin von dem allgemeinen Gewäsch der Tagespresse abhebt, gebe ich seit einiger Zeit spezielle Studien und Analysen in Auftrag. Ich hoffe, Sie schätzen das bisschen „mehr" an Fakten. Sie kennen meine Abneigung für Unternehmen, an denen der Staat beteiligt ist. Im Fall der Commerzbank ist es jedoch interessant zu beurteilen, in wie weit die Staatsbeteiligung dem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil durch günstige Finanzierungsmöglichkeiten gibt. Auf diesen Punkt bin ich von vielen Kunden angesprochen worden. Grundsätzlich könnte die Sicherheit, die eine staatliche Beteiligung an der Commerzbank ausstrahlt, den Vorteil am Markt, den die Deutsche Bank durch ihr geschicktes taktieren hat, aufwiegen. Doch wenn wir uns die Details der beiden Unternehmen anschauen, neigt sich die Waagschale deutlich zu Gunsten der Deutschen Bank. Ich habe die Fakten mit meinen Erklärungen und Interpretationen angereichert und meine Schlussfolgerungen daraus dargelegt. DETAILANALYSE DEUTSCHE BANK - COMMERZBANK Das Jahr 2008 war grottenschlecht für die Finanzbranche, Broker und Banken fielen um wie die Fliegen. Ausgehend von einer Stabilisierung an den Finanzmärkten im Jahr 2009 erwarten die Experten folgende Entwicklungen: Der operative Gewinn dürfte bei der Deutschen Bank um 71,5% gegenüber dem Vorjahr anwachsen, bei der Commerzbank lediglich um 41,2%. Ursächlich dafür ist unter anderem auch der hohe Verwaltungsaufwand der Commerzbank, der insbesondere durch die Übernahme der Dresdner Bank (Rechtsberatung, Unternehmensberater und Verhandlungskosten) sowie durch die Kapitalerhöhungskosten für den Einstieg der SoFFin verursacht wurde. Der Verwaltungsaufwand der Commerzbank könnte dadurch um 68,2% ansteigen, bei der Deutschen Bank wird nur ein Anstieg um 5,3% erwartet. Auf der Ertragsseite verteilen sich die Gewinne der Deutschen Bank wesentlich gleichmäßiger auf die drei Bereiche Zinsergebnis (48%), Provisionsergebnis (39%) und Handelsergebnis (13%). Die Commerzbank wird voraussichtlich den Großteil ihres Gewinns im Bereich der Zinserträge erwirtschaften (67%), auch das Provisionsergebnis ist dann noch ordentlich (36%, bei Handel wird jedoch ein Verlust erwartet (- 2%). Als konservativer Anleger ist das diversifizierte Ergebnis der Deutschen Bank klar vorzuziehen. Wer auf eine weitere Verbesserung der Zinskurve zugunsten der Banken (kurze Zinsen sinken, lange steigen) spekulieren will, der kann sich an die Commerzbank halten. Im Jahr 2009 wird für die Deutsche Bank eine Eigenkapitalrendite von 12 % erwartet. Bei der Commerzbank wird aufgrund des zu erwartenden Verlustes Eigenkapital um -14% verbrannt. Das Bewertungsniveau beider Banken ist erstaunlich ähnlich, wenn man den Buchwert betrachtet. Das Kurs/Buch-Verhältnis bei der Deutschen Bank beträgt 65%, bei der Commerzbank 62%. Die für die Notenbanken maßgebliche Tier One Ratio (Kernkapitalquote) der Deutschen Bank beträgt 10,3%, die der Commerzbank liegt nach der SoFFin Einlage bei 9,1%. Als Banker läuft man stets mit einer Frage durch die Welt: Wo liegt das Risiko? Wo liegt das Risiko? Diese Frage tickt im Hinterkopf des Kreditberaters während er seinen Fragenkatalog abarbeitet. So ist es nur fair, wenn wir uns als Anleger auch einmal das Risiko der Banken anschauen. Aus der Bilanz sind insgesamt Problemkredite im Volumen von 5,5 Mrd. Euro (Deutsche Bank) bzw. 16,9 Mrd. Euro (Commerzbank) zu erkennen. Diese Problemfälle sind zu knapp 45% mit Rückstellungen als Risikovorsorge berücksichtigt. Während die Deutsche Bank kurz vor Beginn der Finanzkrise noch einen guten Teil ihrer Risikopapiere unter ihren Kunden verteilte, ist die Commerzbank doppelt getroffen: Nicht nur die toxischen Papiere der Dresdner Bank mussten mit übernommen werden, darüber hinaus sind zwei ihrer Großkunden in unruhige Fahrwasser abgerutscht: Schäffler und Arcandor. COBK-PROBLEM SCHÄFFLER Nicht nur bei der Porsche-VW-Übernahme hat sich das Blatt im wahrsten Sinne des Wortes gewendet: Nun soll VW Porsche übernehmen. Auch bei der Schäffler-Continental-Übernahme gibt es seit heute Berichte, die von einer Übernahme von Schäffler durch Conti sprechen. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen sehen die ehemaligen „Übernahmegenies" plötzlich ganz anders aus: Es wird offensichtlich, dass sie nichts weiter als Glücksritter waren, denen das Glück nun jedoch nicht lange genug hold war. Doch das ist hier nicht das Thema. Die Commerzbank hat Kredite im Volumen von 6 Mrd. Euro an Schäffler gegeben. Doch seit die Conti-Übernahme als gescheitert gilt, erhält Schäffler keine Kreditverlängerungen mehr und eine Neubewertung des Unternehmens ist notwendig. Der eben noch finanzkräftige Aufkäufer wird so umgehend insolvenzgefährdet und die bessere Cashflow-Situation von Conti versetzt nun das Unternehmen in die Lage, gegebenenfalls Schäffler aufzukaufen. Für die Commerzbank wäre das ein Segen, denn dadurch würde der 6 Mrd. Euro Kredit an Schäffler abgelöst werden. Ein Problemkredit wäre damit beseitigt. Bleibt es bei der gegenwärtigen Konstellation, wird Schäffler aufgrund der angespannten Liquiditätslage weiter in Bedrängnis geraten und früher oder später wird die Commerzbank Teile des 6 Mrd. Euro Kredits abschreiben müssen. Das wäre ein Schlag für das Unternehmen und würde die Diskussion um weitere Hilfen durch die SoFFin ins Leben rufen. Ein solches Szenario kann ich mir nicht vor den nächsten Bundestagswahlen vorstellen, denn politisch würde das die Rettungsaktion genau dort positionieren, wo sie von Kritikern gerne gesehen wird: ein Fass ohne Boden. COBK-PROBLEM ARCANDOR Karstadt / Quelle, oder Arcandor wie das inzwischen kleine Unternehmen heute heißt, braucht im weiteren Jahresverlauf Verlängerungen von Kreditzusagen in Höhe von 900 Mio. Euro. Einem Unternehmen, das jedoch seit Jahren rückläufige Umsätze hat, Verluste schreibt und ebenfalls in Richtung Insolvenz schliddert, gibt man nur ungern neue Kredite. Aus eigener Kraft wird es Arcandor kaum mehr schaffen: Das Unternehmen hat bereits den Staat um Hilfe gebeten. Durch Staatsbürgschaften sollen die wichtigsten Kreditgeber aus dem Risiko genommen werden. Es handelt sich dabei um die Commerzbank, die Bayern LB und die Royal Bank of Scotland (RBS). Die RBS hat sich inzwischen gegen die Staatsbürgschaften ausgesprochen, da sie dadurch befürchten muss, an Einfluss und Sicherheiten zu verlieren. Sollte Arcandor nach einer Staatsbürgschaft über den derzeit in Frage stehenden Kreditbetrag dennoch in die Insolvenz gehen, würde der Staat als Bürgschaftsgeber noch vor der RBS Sicherheiten verwerten können, um die restlichen ausstehenden Kredite zu tilgen. Diesen Verlust an Einfluss will die RBS nicht zulassen und beschwert sich daher lautstark über eine mögliche Staatsbürgschaft als Wettbewerbsverzerrung. Der Metro kommt dies Geplärr gerade Recht, versetzt es sie in die Lage, den Wettbewerber Arcandor gegebenenfalls günstig aufkaufen zu können. Somit ist Arcandor nun gezwungen mit der Metro AG über ein eventuelles Zusammengehen zu verhandeln. Für die Commerzbank ist diese Situation höchst ungewiss denn im Falle einer Insolvenz sind ausstehende Kredite zu einem Teil abzuschreiben. Allerdings hält sich der Betrag von 900 Mio. Euro, der sich noch auf die obigen Kreditgeber verteilt, in Grenzen. COBK PROBLEM DRESDNER BANK Obwohl das Gelb der Postbank viel besser zum Geld der Commerzbank gepasst hätte, wurde in einem Überraschungscoup durch den Vorstandsvorsitzenden Blessing plötzlich die Übernahme der Dresdner Bank von der Allianz bekannt gegeben. Dadurch ist die Commerzbank die Bank mit dem größten Filialnetz in Deutschland und hat am meisten Privatkunden. Für Blessing, der 1997 bis 2000 mit verantwortlich war für das Privatkundengeschäft der Dresdner Bank, passt dieser Bereich wunderbar zur Commerzbank. Synergien und Einsparpotential sind seinen Worten zufolge wesentlich größer als mit der Postbank – da bleibt dann genug Geld übrig, um die grüne Farbe in Gelb umzustreichen. Doch die Übernahme gelang nicht seinen Wunschvorstellungen entsprechend: Er musste auch das defizitäre Investmentbanking der Dresdner Bank übernehmen. Dort stecken noch eine Menge toxischer Papiere, die schlimmstenfalls nochmals für kräftige Abschreibungen sorgen könnten. Immerhin hat die Allianz beim Verkauf zugestanden, etwaige Verluste aus diesem Bereich mit zu tragen. Doch das Engagement der Dresdner Bank in diesem Bereich ist höchst defizitär und sorgt für eine große Risikoposition bei der Commerzbank. COBK PROBLEM SOFFIN 18 Mrd. Euro hat der Staat über den Sonderfonds für Finanzmarktstabilität SoFFin in die Commerzbank investiert. Dieser Betrag wird mit 9% verzinst, die Commerzbank muss also jedes Jahr 1,5 Mrd. Euro an den Staat abführen, bis die SoFFin Einlage zurück geführt werden kann. Eine Eigenkapitalspritze kann eigentlich keine Verzinsung haben, somit heißt diese Verpflichtung auch nicht Verzinsung, sondern eben Dividende. Der Staat erhält für seine Einlage eine jährliche „Dividende" von 9%. Im Boomjahr 2006, als die Banken Rekorde über Rekorde vermeldeten, hat die Commerzbank einen Nettogewinn von 6,5 Mrd. Euro erwirtschaftet. Im Jahr 2002, als die damalige Krise die Bilanzen der Banken verhagelte, verdiente die Commerzbank gerade einmal 400 Mio Euro. Nehmen wir einmal an, dass die Commerzbank ab dem Jahr 2012 wieder Gewinne erwirtschaftet, so zumindest die Planung des Unternehmens, dann könnten wir uns einen operativen Gewinn von 4 Mrd. Euro vorstellen. Davon sind Zinszahlungen an den Staat und an andere Anleiheneigner abzuziehen, so dass die Rückführung der SoFFin Einlage im Jahr 2012 mit einem Betrag von etwa 850 Mio. Euro beginnen könnte. Durch die sinkende Zinslast und die dadurch steigende Rückführung könnte die Commerzbank nach dieser Rechnung im Jahr 2023 die letzte Tranche an den Staat zurück zahlen. Bis dahin wären nach dieser Rechnung keine Dividenden für Aktionäre vorgesehen! Nun kann sich der Markt besser oder schlechter entwickeln, als es sich derzeit abzeichnet, so dass diese Prognose natürlich nur eine Möglichkeit darstellt, die die Dimension der Staatseinlage verdeutlichen soll. Auch wenn sich die Finanzmärkte wesentlich besser entwickeln als derzeit zu erwarten ist, wird die Commerzbank noch auf Jahre an der Rückzahlung der SoFFin Einlage knabbern und in dieser Zeit kaum eine Dividendenzahlung an die Aktionäre durchsetzen können. PROBLEME DER DEUTSCHEN BANK Entfallen. Hieraus ersehen Sie auch schon die unterschiedliche Einschätzung der beiden Banken: All die Risiken der Commerzbank belasten den Kurs. Sollten sich einzelne oder mehrere der Problembereiche der Commerzbank in Luft auflösen, so dürfte der Kurs abheben. Doch darauf würde ich als seriöser Anleger nicht spekulieren. Wer eine solide Bankaktie haben möchte, der hält sich lieber an die Deutsche Bank. Sie kennen meine moralische Betrachtung von Josef Ackermann, dessen Verhalten ich in unserer „Sozialen" Marktwirtschaft für untragbar halte. Doch aus Sicht eines Aktionärs ist es gut, dass Ackermann in seinem Amt als CEO der Deutschen Bank bestätigt wurde. Unter seiner Leitung hat die Deutsche Bank frühzeitig die Bilanz von toxischen Papieren befreit und war somit bestens für die Krise gerüstet. So war es möglich, im ersten Quartal 2009 bereits wieder einen ordentlichen Gewinn zu erwirtschaften, der deutlich über den Markterwartungen lag. Die Deutsche Bank hat keine Ergebnisbelastung durch Fremdkapitalkosten wie die Commerzbank zu verkraften. Auch im Vergleich zu anderen internationalen Bankhäusern, wie beispielsweise den amerikanischen Banken, die TARP-Gelder nehmen und nun verzinsen müssen, hat die Deutsche Bank somit einen Vorteil. Es ist nicht so, dass die Deutsche Bank mit einem gesunden Geschäft strotzt und exorbitante Wachstumsraten aufweisen könnte. Aber das kann derzeit keine einzige Bank. Doch die Deutsche Bank ist solide aufgestellt und ist frei von irgendwelchen überdimensionierten Problembereichen und kann dadurch frei agieren, gegebenenfalls ist die Deutsche Bank in der Lage zu expandieren und das Geschäft auszuweiten. GEGENÜBERSTELLUNG DEUTSCHE BANK – COMMERZBANK Je größer das Risiko, desto größer die Chance. Diese Weisheit kennt jeder Anleger und für unsere beiden Banken trifft dieser Spruch den Nagel auf den Kopf. Neben Arcandor, Schäffler, der Dresdner Bank und der SoFFin schlummern bei der Commerzbank noch große Engagements in Osteuropa in der Bilanz, ein Fünftel der Problembereiche stammen von Gewerbeimmobilien und weitere Immobilienderivate (ABS) im Bestand der Commerzbank runden das Schreckenszenario ab. Mit einer Marktkapitalisierung von aktuell 5 Mrd. Euro ist die Commerzbank jedoch nur noch mit einem Sechstel der Deutschen Bank bewertet. Wenn Sie sich vor Augen halten, dass die Commerzbank das größte Privatkundengeschäft in Deutschland hat, dann ist dieser Bewertungsunterschied erheblich. Die Deutsche Bank hingegen hatte im ersten Quartal insbesondere durch den großen Emissionsbedarf von Anleihen des Staates ein Bombengeschäft zu vermelden. Dies wird im weiteren Jahresverlauf abnehmen, da die Kuh ja nun vom Eis ist, wie Sie in der heutigen Ausgabe gelesen haben. Diese Sondereinnahmen werden sich also nicht in dieser Höhe fortsetzen. Um die Wachstumserwartungen der Anleger zu erfüllen, muss die Deutsche Bank wohl Geschäft hinzu kaufen. Dazu gibt es derzeit jede Menge Möglichkeiten. Die Refinanzierungsmöglichkeiten bei der EZB sind so günstig wie nie zuvor und die Bilanz der Deutschen Bank gibt Ackermann den finanziell notwendigen Spielraum, um Zukäufe zu tätigen. Doch Refinanzierungsmöglichkeiten über die EZB stehen auch der Commerzbank zur Verfügung – und zwar trotz Staatsbeteiligung zum gleichen Zinssatz wie für die Deutsche Bank. Was jedoch einen Vorteil für die Deutsche Bank darstellt, ist die Möglichkeit von Aktienplatzierungen. Während ein Aktionär der Commerzbank im Falle einer Insolvenz erst einen Cent erhält, wenn 73% der Vermögenswerte an Staat und Anleiheeigner ausgezahlt wurden, erhält der Aktionär der Deutschen Bank bereits nach 20% seinen Anteil. Hintergrund: Mit der Finanzspritze von 18 Mrd. Euro hat sich die SoFFin natürlich das Recht gesichert, im Falle einer Insolvenz des Unternehmens VOR den übrigen Aktionären ihre Einlage aus dem Unternehmen zu holen. Da die SoFFin dazu allein 55% des Unternehmenswertes beansprucht (obwohl sie nur 25% der Anteile hält) bleibt nach den Anleiheeignern nicht mehr viel für Aktionäre übrig. Der Weg einer Aktienplatzierung ist für die Commerzbank also kaum gangbar. Das wird frühestens möglich, wenn damit die SoFFin vollständig ausbezahlt werden könnte – und das ist derzeit noch lange nicht in Sicht. Die Deutsche Bank hingegen kann nach dem Kursanstieg um inzwischen sogar 200% günstig weiteres Eigenkapital über die Börse einsammeln und für eine etwaige Einkaufstour nutzen. Im Rahmen der Finanzmarktkrise wurden ja die großen, „systemisch" unverzichtbaren Finanzinstitute gestützt, ungeachtet der Nachteile, die dieses Vorgehen für die kleineren Banken hat. Insbesondere in den USA, wo die Bankenlandschaft noch viel zerklüfteter ist als bei uns, erwarte ich in den kommenden Monaten noch eine ganze Reihe von Bank-Insolvenzen, bei denen das eine oder andere Schnäppchen für die Deutsche Bank abfallen könnte. FAZIT Auf Sicht vieler Jahre wird die Commerzbank keine Dividenden zahlen können. Kapitalmarktmaßnahmen (Aktienplatzierungen) sind unattraktiv für Anleger und damit ist die Commerzbank dazu verdonnert, in Deutschland das Privatkundengeschäft profitabel zu gestalten. Phantasie kommt nicht etwa aus neuen Geschäften, sondern aus der Aufwertung der vielen Risikopositionen der Commerzbank. Die Commerzbank kann dazu nichts beisteuern, sondern muss auf glückliche Marktentwicklungen hoffen. Das ist etwas für Zocker, nicht aber für seriöse Langfristanleger. Die Deutsche Bank ist frei von großen Problembereichen und besitzt die bilanzielle Freiheit, in neue Märkte vorzustoßen, wenn es ihr attraktiv erscheint. Damit kann die Deutsche Bank also aus eigener Kraft wachsen. Das ist in meinen Augen wesentlich attraktiver und vor dem Hintergrund, dass der gerissene Hund Ackermann weiterhin am Steuer des Branchenprimus bleibt, erwarte ich auch, dass diese Möglichkeit gut genutzt wird. Der Bankensektor wurde gnadenlos ausverkauft, die Bewertungskennziffern sagen wenig über mögliche Bewertungsniveaus aus. Wenn ich mich an die früheren Ertragsmöglichkeiten der Deutschen Bank halte, dann ist ein Kursniveau über 60 Euro noch immer günstig. Ich würde für Ende dieses Jahres einen Kurs von bis zu 80 Euro erwarten. Von aktuell 45 Euro ist das noch immer ein großes Kurspotential, selbst wenn die Aktie schon um 200% zugelegt hat. Dieser Erwartung liegt meine Annahme einer V-Erholung der Wirtschaft zugrunde. Sollte es wider Erwarten zu einer zweiten Abwärtsbewegung, nicht nur an der Börse, sondern auch in der Konjunktur, kommen, so ist dieses Kursziel natürlich erst längerfristig realisierbar. {weiter[40|9]}

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Stephan Heibel

Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.

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