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Veröffentlicht von Stephan Heibel am 27.06.2025 um 12:57 Uhr

Medios zwischen Umbruch und Aufbruch: bringt der Strategiewechsel den Re-Start für die Aktie?

Medios ist wieder auf dem Radar. Nach langer Zeit der Unsicherheit rund um Übernahmen, Margendruck und intransparente Wachstumsquellen sendet das Unternehmen erstmals wieder ein klares Signal an den Kapitalmarkt. 

Für mich ist das bemerkenswert – denn mit dem angekündigten Aktienrückkauf und einem erkennbaren Strategiewechsel wird Medios wieder zu einer Investmentidee. 

Nicht, weil sich plötzlich alles geändert hätte. Sondern weil sich die Voraussetzungen verschoben haben: Die operative Basis steht, die internationale Expansion ist verdaut – und erstmals seit Langem entsteht Raum für nachhaltige Wertentwicklung.

Was den Strategiewechsel bei Medios jetzt möglich macht

Die Grundlage für den Strategiewechsel wurde nicht über Nacht geschaffen. Vielmehr ist er das Ergebnis einer operativen Stabilisierung, die 2024 ihren vorläufigen Höhepunkt fand. Mit der Übernahme der Ceban-Gruppe gelang Medios der Schritt in neue Märkte und Geschäftsbereiche – vor allem aber die Basis für eine deutliche Ergebnisverbesserung. Die Integration ist weitgehend abgeschlossen, die Profitabilität steigt spürbar, und das Geschäft läuft – trotz herausforderndem Umfeld – planmäßig.

Im ersten Quartal 2025 legte das EBITDA um satte 52,9 % zu, die Marge stieg auf 4,8 %, das Ergebnis je Aktie kletterte von 0,17 € auf 0,25 €. Die Prognose für das Gesamtjahr wurde bestätigt: rund 2 Mrd. € Umsatz und ein operativer Gewinn von etwa 96 Mio. €. Damit ist Medios heute in einer Position, in der erstmals seit Jahren keine neue Übernahme nötig ist, um Wachstum zu zeigen – das organische Potenzial trägt wieder.

Diese Entwicklung ist die Voraussetzung dafür, dass das Unternehmen seine Kapitalverwendung neu denken kann. Wo früher jeder freie Euro in Expansion floss, entsteht nun Raum für Bilanzdisziplin und Wertorientierung. Der Strategiewechsel ist nicht plötzlich da – er wurde operativ möglich gemacht.

Führungswechsel als Katalysator für den Wandel

Parallel zur operativen Stärkung kam Mitte Mai die überraschende Meldung: CEO Matthias Gärtner und COO Mi-Young Miehler, beide Gründungsmitglieder, verlassen Medios. Gärtner soll spätestens zum Jahresende gehen, Miehler bereits zum 30. Juni. Auf den ersten Blick wirkte der Übergang nicht ideal vorbereitet – es wurde noch kein Nachfolger präsentiert, was bei einem geplanten Wechsel eher untypisch ist.

Und dennoch: Der Zeitpunkt könnte kaum besser gewählt sein. Denn Gärtners Führungsstil – geprägt von Wachstum durch Übernahmen – hat Medios erfolgreich skaliert, aber auch an Grenzen geführt. Die komplexe Konzernstruktur und die zunehmende Intransparenz des Wachstums sorgten zuletzt für Zurückhaltung am Kapitalmarkt. Der Führungswechsel markiert damit nicht nur ein personelles Kapitelende, sondern könnte auch der Startpunkt für eine klarere, profitabilitätsorientierte Ausrichtung sein.

Ob dieser Übergang gelingt, hängt stark davon ab, wer das Ruder übernimmt. Aber schon jetzt ist klar: Die Entscheidung, Aktien zurückzukaufen, wäre unter dem alten Führungsmodell kaum denkbar gewesen. Es ist ein erster Beleg dafür, dass Medios bereit ist, neue Prioritäten zu setzen.

Der Aktienrückkauf vom 19. Juni: Symbol und Strategie

Am 19. Juni überraschte Medios mit einem Rückkaufangebot über bis zu 1 Million eigener Aktien zu einem Preis von 12,50 Euro – rund 9 % über dem damaligen Börsenkurs. Für ein Unternehmen, das weder Dividenden zahlt noch je zuvor Aktien zurückgekauft hat, ist das ein deutliches Zeichen. Zumal man diesen Schritt nicht still und leise über die Börse vollzog, sondern ihn öffentlichkeitswirksam ankündigte.

Medios hätte auch anderes mit dem Geld tun können: Mit rund 100 Mio. Euro an Cash und 130 Mio. Euro Schulden wäre ein Schuldenabbau naheliegend gewesen. Oder man hätte das Polster für weitere Übernahmen nutzen können – wie in der Vergangenheit. Doch das Management entschied sich bewusst anders: für eine Investition in die eigene Aktie. Das ist mehr als ein finanzieller Schritt – es ist ein strategisches Bekenntnis.

Der Rückkauf unterstreicht nicht nur die Überzeugung, dass der aktuelle Kurs zu niedrig ist. Er zeigt auch, dass organisches Wachstum künftig im Vordergrund steht – und nicht mehr die Jagd nach dem nächsten Zukauf. Damit passt der Schritt nahtlos zu den Signalen des Führungswechsels. Medios sortiert sich neu – sichtbar und nachvollziehbar.

Vom Übernahmetreiber zum profitablen Pharma-Spezialisten

In der Vergangenheit war Medios vor allem eines: ein Übernahmetreiber. Der Wachstumspfad war stark geprägt von Zukäufen – effizient umgesetzt, aber zunehmend schwer zu durchschauen. Anleger taten sich zuletzt schwer, zwischen organischem Wachstum und akquirierten Umsätzen zu unterscheiden. Diese Unsicherheit schlug sich in einer zunehmend zurückhaltenden Bewertung nieder – trotz solider operativer Entwicklung.

Mit dem Strategiewechsel beginnt sich dieses Bild nun zu verändern. Die Ceban-Integration ist operativ abgeschlossen, die Margen steigen, und die Prognosen zeigen: Medios kann auch aus eigener Kraft wachsen. Gleichzeitig setzt das Unternehmen verstärkt auf hochmargige Produktsegmente im spezialisierten Pharmabereich – ein Schritt hin zu mehr Fokus und besserer Planbarkeit.

Analysten haben reagiert: Ihre Kursziele liegen inzwischen 50 % bis 120 % über dem aktuellen Niveau. Das zeigt, welches Aufholpotenzial der Markt sieht, sollte Medios seinen neuen Kurs konsequent umsetzen. Ein Re-Rating ist nicht garantiert – aber es ist wieder denkbar. Die Grundlage dafür ist gelegt.

Fazit: Neue Phase, neue Chancen – aber kein Selbstläufer

Der Strategiewechsel bei Medios kommt nicht aus dem Nichts – er wurde durch die operative Entwicklung der letzten Quartale möglich. Dass er nun auch mit einem personellen Umbruch und einem klaren Signal in Form des Aktienrückkaufs einhergeht, macht ihn glaubwürdig. Für mich ist das genug, um der Aktie erneut eine Chance zu geben.

Medios steht am Beginn einer neuen Phase: weg von expansivem, schwer durchschaubarem Wachstum – hin zu Fokus, Effizienz und organischer Ertragskraft. Ob daraus eine dauerhafte Neubewertung entsteht, hängt von der konkreten Umsetzung ab. Aber: Die Voraussetzungen sind erstmals seit Langem gegeben.

Ich bleibe investiert – und beobachte genau, wie konsequent die neue Ausrichtung gelebt wird. Wer sich tiefer mit Bewertung, Bilanz und Perspektive befassen möchte, findet alle Details in unserem aktuellen Medios-Updates.

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Stephan Heibel

Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.

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