Sehr geehrter Herr Heibel,
ich hoffe, Sie hatten zusammen mit Ihrer Begleiterin schöne und erholsame Urlaubstage in Spanien und sind wieder gestärkt an den heimischen Schreibtisch zurückgekehrt.
Ich möchte Sie gern um Ihre Einschätzung zu verschiedenen Werten meines Bestandes bitten:
Archer Daniels Midland, US 039 483 1020. Im April 2006 gekauft. Mein Auftrag muss ADM so in Verdrückung gebracht haben, dass die Aktie nur noch den Weg in den Süden kennt. Dabei ist das Engagement eine wohlfeile Empfehlung meiner Bank gewesen.
Roche Holding AG, CH 00 120 321 13. Auch im April 2006 gekauft.
UBS, CH 00 248 899 483, gekauft im April 2006.
Graphik: 6-Monatschart UBS
Nestle Namensaktien, CH 00 120 56 047, gekauft im August 2006.
Die Struktur und die Risikoverteilung halte ich für nicht falsch. Aber attraktive Kurssteigerungen sind leider nicht drin. Könnte sich das in Zukunft bessern?
Vielen Dank im voraus für Ihre Einschätzung, Hugo aus Schwaben.
ANTWORT:
Ja, die Tage in Barcelona waren überaus erholsam und gleichzeitig eine gute Mischung aus Kultur und Strandbars.
ARCHER DANIELS MIDLAND
Sie werden sich erinnern: Im vergangenen Frühjahr war der Begriff Ethanol plötzlich in aller Munde. Ethanol als Beimischung zum Benzin, bis zu 20 % Beimischung sind sinnvoll, wird in Brasilien und vielen anderen Ländern bereits genutzt. Im vergangenen Jahr wurde diese Beimischung schließlich sogar in den USA von Präsident Bush verordnet und die Preise für die Agrarprodukte, aus denen Ethanol gewonnen werden kann, schossen in die Höhe. Sowohl Soja, als auch Getreide, Sonnenblumen, Raps, Erdnüsse, Baumwollsamen bis hin zu Leinsamen wurden plötzlich als Energiewerte gehandelt, nicht mehr als Agrarprodukte.
Archer Daniels Midland (ADM) war zu diesem Zeitpunkt das einzige börsennotierte amerikanische Unternehmen, das in diesem Bereich tätig war. Insbesondere die Technologie, die zur Ethanol-Gewinnung notwendig ist, bietet Archer Daniels Midland an. Da auf einen Schlag jeder Amerikaner ein Stückchen von diesem Zukunftsmarkt im Depot liegen haben wollte, gab es einen Run auf die Aktien von ADM. Die Aktien stiegen von 20 auf 45 USD.
Das Bewertungsniveau der Aktien ist dennoch vertretbar: Ein KGV von 14 bei Wachstumsraten von 25 % ist sehr günstig. Die Gewinne wachsen zwar nicht mit, aber die hauchdünnen Margen enthalten Potential für höhere Gewinne, wenn die Preise für Ethanol steigen.
Doch so einfach ist das nicht. Nicht nur beim Soja oder Ethanol bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis, sondern auch an der Börse. Und im Juni 2006 ist Vera Sun (VSE) an die Börse gegangen, es folgten eine Handvoll weiterer IPOs im Bereich der Ethanolherstellung. ADM war plötzlich nicht mehr die einzige Aktie aus dem Ethanolbereich, sondern konkurrierte mit einer Vielzahl zweitklassiger Aktien, die neu an die Börse gegeben wurden.
Die fehlende Nachfrage nach der Aktie führte seither zu einem kontinuierlichen Kursrutsch. Darüber hinaus gilt in der Agrarindustrie die Weisheit, dass eine Knappheit an Getreide, Soja, etc. binnen ein bis zwei Jahre kompensiert wird. Ein Anstieg der Preise ist also nicht stets nachhaltig, sondern wird meistens in der Folgesaison korrigiert. Damit ist die Zukunft von ADM gar nicht so rosig, wie es bei den anderen Rohstoffunternehmen aussieht, die viele Jahre brauchen, um neue Minen zu erschließen.
Ich denke schon, dass ADM von dem Ethanol-Hype profitiert hat. Aber mit dem Kursanstieg von 20 auf nunmehr 35 USD sollte die Aktie den Löwenanteil der Neubewertung hinter sich haben. Vielleicht steigt der Kurs in den nächsten Wochen nochmals über 40 USD, ich würde das zum Ausstieg nutzen.
ROCHE HOLDING
Roche hat Genentech übernommen und ist dadurch zu einem führenden Teilnehmer des Biotech-Marktes geworden. Das KGV von 16 spiegelt diese Chance bislang kaum wieder, weiterhin werden für das zweite Halbjahr 2007 einige Studienergebnisse erwartet, die nach Einschätzung von Pharma-Experten positiv ausfallen sollten.
So positiv dies klingt, ich muss allerdings zugeben, dass meine Informationen über Roche beschränkt sind: Weder im deutschen, noch im englischen Internet sind brauchbare Analysen zu finden.
Bitte betrachten Sie daher meine Einschätzung mit Vorsicht.
UBS
Die UBS befindet sich in meiner Beobachtungsliste. In den vergangenen Tagen wurde der Verwaltungsratsvorsitzende nach Hause geschickt - er hatte sich mit der Einrichtung eines US-Hedgefonds vertan und Milliarden-Verluste erzeugt.
Letzte Woche wurde schließlich ein neuer CEO bestellt. Ich würde ein Auge auf ihn haben. Grundsätzlich denke ich aber, wird er es nicht schwer haben, besser abzuschneiden, als sein Vorgänger. Die Aktie ist ein Jahr lang seitwärts gelaufen, obwohl sich das Geschäft (abzgl. Hedgefondspleite) sehr gut entwickelt hat. Die Aktie hat also meiner Ansicht nach Nachholbedarf.
Im nächsten Quartalsbericht wird vermutlich die genaue Höhe des Verlustes durch das Hedgefondsgeschäft bekannt gegeben und ich kann mir vorstellen, dass der Kurs dadurch nochmals in den Keller rutscht. Danach sollte aber alles Schlechte bekannt sein und ein Aufwärtstrend eingeschlagen werden.
NESTLE
Grundsolider Titel mit gutem Wachstum (10 %), gesundem Bewertungsniveau (KGV von 18) und ordentlicher Dividendenrendite (2,7 %). Als international ausgerichtetes Unternehmen profitiert Nestle vom schwachen Franken: Ein starkes Standbein auf dem amerikanischen Kontinent und eine gute Startposition in Asien lassen diesem Unternehmen auch Wachstumsphantasien zuteil werden.
Also: ADM würde ich bei nächster Gelegenheit verkaufen, Roche möchte ich nicht beurteilen, UBS und Nestle könnten in den nächsten Monaten gute Kursgewinne einfahren.{weiter[40|9]}
Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.
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