Veröffentlicht von Stephan Heibel am 26.11.2006 um 01:04 Uhr

NovaStar Financial vor Kursanstieg

Sehr geehrter Herr Heibel,

 

da Sie sich mit amerikanischen Werten und am amerikanischen Aktienmarkt sehr gut auskennen, würde mich interessieren, ob Sie mir zu der Aktie von NovaStar Financial (WKN 939202) eine Einschätzung zukommen lassen könnten. Angeblich ist die Dividendenrendite dieses Wertes nachhaltig über 10%.

 

Ich danke im voraus für Ihre Bemühungen.

 

mit freundlichen Grüßen, Gerhard aus Bad Gleichenberg

 

 

 

ANTWORT:

 

Uhh, das ist kniffelig! Aber immerhin: Mit  NovaStar hatte ich den Lesern meines früheren Börsenbriefes einmal 25 % in nur einer Woche verdient. Nicht weil ich eine richtige Kauf-Empfehlung aussprach, sondern weil ich eine richtige Leerverkauf-Empfehlung gab.

 

Leerverkäufe (oder auch Shorten) sind in den USA weit verbreitet. Bei uns in Europa bleibt dieses Instrument meist den institutionellen Anlegern vorbehalten. Ich will es kurz erklären: Bei einem Leerverkauf drehen Sie das normale Börsengeschäft um. Normalerweise kaufen Sie erst Aktien, um sie zu einem späteren Zeitpunkt zu einem höheren Kurs zu verkaufen (Kursgewinn!). Bei einem Leerverkauf verkaufen Sie zuerst die Aktien, um sie zu einem späteren Zeitpunkt zu einem niedrigeren Kurs wieder einzukaufen. Natürlich sind dazu besondere Abmachungen mit Ihrer Bank vonnöten, in Deutschland wird dies kaum angeboten.

 

Alle Welt sprach von der Immobilienblase und NovaStar Financial vergibt Hypothekenkredite. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis bei den steigenden Zinsen die Margen zu klein für die Hypothekenbanken wurden, um noch ordentlich Geld zu verdienen. Als dies offensichtlich wurde, fiel der Kurs praktisch über Nacht von 60 auf 35 US-Dollar.

 

Seither hat sich nicht mehr viel getan bei den Aktien von NovaStar: Heute pendelt der Kurs schon das ganze Jahr um 30 US-Dollar herum. Erst diese Woche gab NovaStar ein verheerend schlechtes Quartalsergebnis bekannt: Die Gewinne fielen um 27 %, die Umsätze stagnieren. Und für die kommenden Monate werden noch schlechtere Zahlen erwartet.

 

Um die Vor- und Nachteile einer Investition in NovaStar zu beurteilen, müssen wir uns den Immobilienmarkt der USA etwas genauer anschauen. Ich will es kurz machen: Schlimmer kann’s nimmer! Denn:

 

- Die Immobilienpreise in den teuren Ballungsgebieten der USA befinden sich im freien Fall. Damit wird auch das Hypothekenkreditvolumen und somit der Umsatz von NovaStar geringer.

 

- Auch die Neubauten und neu angemeldeten Bauvorhaben gehen zurück. Die großen Immobilienfirmen der USA reduzieren Ihre Bestände an zu entwickelnden Ländereien. Also nicht nur die Preise gehen zurück, sondern auch die gesamte Bauaktivität. Auch dies mindert die Umsätze von NovaStar.

 

- In den USA hat sich die Zinskurve invertiert. Keine Angst, dahinter steckt ein ganz einfacher Sachverhalt: Normalerweise bekommen Sie höhere Zinsen, je länger Sie Ihr Geld anlegen. Jeder von Ihnen weiß das. Derzeit ist es jedoch in den USA umgekehrt: Wenn Sie Ihr Geld nur drei Monate anlegen, dann bekommen Sie einen höheren Zinssatz, als wenn Sie Ihr Geld für 5 oder 10 Jahre anlegen. Verkehrte Welt? Genau. Und das nennt man „invertierte Zinskurve“. Dahinter steckt die Befürchtung der Anleger, daß die Konjunktur in eine Rezession schliddert und die Zinsen künftig weiter gesenkt werden müssen. Für NovaStar bedeutet dies, daß es die langfristig ausgegebenen Hypothekenkredite kaum mit kurzfristigen Anlagen refinanzieren kann. Die Folgen sind geringere Gewinnmargen.

 

- Na, wenn schon eine Rezession befürchtet wird, dann werden im gleichen Zuge auch mehr Hypothekenkredite über die Wupper gehen. Je schlechter die Konjunktur, desto mehr Häuslebauer gehen vor die Hunde. Die daraus folgenden Kreditausfälle werden natürlich ebenfalls in die Gewinne von NovaStar schneiden.

 

Also: Die Fakten eignen sich bestenfalls dazu, einen Horrorfilm aus diesem Szenario zu machen. Aber wie bereits eingangs gesagt: Schlimmer kann’s nimmer! Was soll jetzt noch passieren? Die Bestände der großen Immobilienfirmen werden reduziert, also wird schon bald der Preisrutsch enden. Denn der Preisrutsch erfolgte nur aufgrund des Überangebots an neuen Häusern. Und die USA sind eine wachsende Nation, ein solcher Überschuß kann schnell abgebaut werden.

 

Ich erwarte also für die nächsten Monate das Ende der Immobilienkorrektur. Wenn dann die Preise wieder anziehen, wenn dann ersichtlich wird, daß die USA nicht in eine Rezession schliddern, und wenn dann die langfristigen Zinsen wieder etwas anziehen, dann wird der Kurs von NovaStar bereits deutlich höher stehen. Ich kann mir da einen Kursanstieg in Richtung 40 US-Dollar gut vorstellen, denn dort stünde das KGV gerade einmal bei 10.

 

Ich weiß aber nicht, wann ein solcher Kursstieg starten wird. Derzeit kommen täglich neue Hiobsbotschaften auf’s Parkett und halten die Aktien am Boden. Erst wenn diese Flut verebbt, werden die Kurse steigen. Doch das Warten sollte sich lohnen, denn schon heute fallen die Kurse trotz schlechter Nachrichten nicht mehr weiter und die Zeit, die Sie warten, wird Ihnen mit einer Dividendenrendite von 17 % versüßt. Wo gibt es denn so was?

 

Einziger Wehrmutstropfen: Die Demokraten sind nicht gerade bekannt dafür, den Wettbewerb zu stärken und in dieser Branche gibt es einige staatlich geförderte Giganten, die von dem politischen Wechsel profitieren sollten. Einer davon befindet sich in unserer Empfehlungsliste.

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Stephan Heibel

Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.

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