Veröffentlicht von Stephan Heibel am 05.02.2011 um 12:24 Uhr

Griechenland-Anleihen

21.1.11 Ich habe mich diese Woche auch mit einer Griechenlandanleihe auseinandergesetzt. Für eine Empfehlung hat es nicht gereicht, zu unsicher ist mir der Staat als Schuldner und die EU in ihrer Struktur. Doch die kurzfristige Betrachtung bis Mitte 2012, die mir ein Leser näher brachte, hat einiges für sich. Bilden Sie sich Ihre eigene Meinung: FRAGE: Hallo Herr Heibel, kurze Frage an den Profi: Halten Sie die Griechenlandanleihe (WKN A0LN5U, ISIN GR0114020457, Kurs 90,20%, Rendite 11,3%) ebenfalls, wie der Markt ja offensichtlich, für ausfallgefährdet? Meines Erachtens sprechen das Griechenlandpaket und der Europäische Schutzschirm gegen einen Ausfall! Die Anleihe endet bereits in 2012, die Schirme schützen bis min. 2013? Sind die Abschläge dennoch zu recht aufgrund des Risikos? Mich interessiert nur Ihre Meinung, diese soll keine Kauf- oder Verkaufsentscheidung darstellen. Vielen Dank. Mit freundlichen Grüßen, Dirk aus London ANTWORT: Ihr Argument finde ich gut. Egal wie turbulent es im Rest der EU wird, Griechenland scheint mir bis 2013 "durchfinanziert". Dennoch werde ich die Anleihe nicht empfehlen – eine Streckung der Rückzahlung wird derzeit diskutiert und würde die Rendite schmälern (siehe folgenden Handelsblattartikel: http://www.handelsblatt.com/;2733592 Reaktion des Kunden: Danke für die Meinung Herr Heibel, für mich stellt sich die Frage, ob das rechtlich so einfach möglich ist, einen Vertrag einseitig zu ändern, zu verlängern. Umschuldung bedeutet für mich im klassischen Sinne, alte Schulden durch Aufnahme neuer Schulden zu bedienen. Einen Haircut halte ich angesichts der Zusagen für ausgeschlossen, da die europäische Bankenlandschaft, wenn nicht auch andere Länder (China, Japan, EU), aufgrund des Gläubigerstatuses deutlich Verluste erleiden würden. Ein Auseinanderbrechen der EU halte ich ebenfalls für unwahrscheinlich (in diesem Zeitraum) - da wäre Lehmann und HRE ein lauer Wind dagegen gewesen. Ein Austritt von Griechenland aus der EU - unwahrscheinlich - EU ist die einzige Rettung, ansonsten hätte man damals nicht die Werte gefälscht. Nichteinhaltung der EU - Finanzierungszusage: Für die Reputation der EU unmöglich, da braucht man in den nächsten Dekaden keine Anleihen, Zusagen etc. platzieren, machen. Schließlich wollte man ja ein Gegengewicht ggü. der FED konstruieren. Die gesamte politische Diskussion geht - bei allen Drohkulissen und nationalen Interessen - m. E. um die Frage, was kommt nach 2013, wenn beide Rettungsschirme auslaufen. Aufgrund der vorschnellen Zusage in der Krise, sind viele Fehler begangen worden, u. a. die Pauschalzusage, Griechenland zu stützen, zu schützen... das wird jetzt erst sichtbar und man will es korrigieren. Sicherlich wäre es ggfs. richtig, jeden Inhaber daran zu beteiligen, doch will man das wirklich? Selbst Dtl. mit den Versicherungsriesen, Banken etc.? Auch bei der HRE wäre es doch richtiger gewesen, diese fallen zu lassen oder? Die Hypotheken waren abgesichert, der Markt wäre für kurze Zeit ausgetrocknet, die Produkte waren nach wie vor werthaltig... Fazit: Ich gehe mit Ihnen konform, das größte Risiko ist eine Verlängerung der Anleihenrückzahlung. Haben Sie Erfahrungswerte für ein solches Szenario? Mir als Laie fällt nur Argentinien ein, die grundsätzlich ihre Anleihen überhaupt nicht bedient haben! ... und jetzt dies bereuen, da man wieder den Anleihenmarkt anzapfen will. Dennoch Danke für Ihre Mühe... LG, Dirk aus London Fazit Ihres Autors: Klingt alles sehr interessant, plausibel und lukrativ. Doch ich möchte nicht mit oder gegen Staaten oder die EU spekulieren, ich halte die Politik für unberechenbar. 27.1.11 Der griechische Finanzminister Papaconstantinou denkt in Davos laut über einen möglichen vorzeitigen Rückkauf bestimmter Staatsschulden, die sich in privater Hand befinden, nach. Die 11% Rendite, die ich Ihnen vergangene Woche im Heibel-Ticker vorgerechnet habe, ist wohl auch für die Griechen zu lukrativ, da würden sie gerne selber zugreifen. Finanzieren wollen sie dies natürlich nicht mit eigenem Geld, davon haben sie ja keins, sondern mit weiteren EU-Krediten. Hmmm, gibt da nun die EU zu bedenken, wenn der Markt die Anleihen so günstig bepreist, dass sie sich mit 11% verzinsen würden, warum kaufen wir sie dann nicht selbst ein und lassen uns die 11% von den Griechen zahlen? Wundern Sie sich also nicht, wenn einige Staatsanleihen der Griechen vorzeitig zu einem aktuell recht günstigen Kurs gekauft werden und die EU-Verschuldung im Gegenzug weiter ansteigt. Irre, diese Überlegung! Allein dass diese Diskussion stattfindet, zeigt das fehlende Verständnis der Politik für die Finanzmärkte... ...und bestärkt mich darin, trotz lukrativer Rendite diesen Markt links liegen zu lassen. 2.2.11 Hallo Herr Heibel, mit Interesse warte ich immer schon gespannt auf Ihren Ticker. O.k., ich habe nur die kostenlose Ausgabe. Dennoch habe ich eine Frage zu den Griechenland-Anleihen, die bestimmt auch andere Leser interessiert. Sie schreiben: Griechenland will eigene Staatsanleihen zum günstigen Kurs kaufen. Wenn die Laufzeit vor 2013 endet, ist die Anleihe über den Rettungsfond gesichert. Das heißt, ich bekomme auf jeden Fall, falls die Stückelung 100 Euro war, diese 100 Euro am Ende der Laufzeit. Entweder weil Griechenland die Anleihe zurückzahlt, oder weil im Falle einer Pleite der Rettungsfond einspringt. Warum also sollte ich meine Anleihe unter diesem Kurs verkaufen. Auch und gerade große Fonds werden das wissen. Wie also will Griechenland seine Anleihen zum günstigen Preis zurück- kaufen? Es muss ja Verkäufer geben. Oder gibt es ein Gesetz, dass Griechenland mich zwingen kann diese Anleihen zum Tageskurs abzugeben? Mit freundlichen Grüßen, Ellen aus Mühltal ANTWORT: Die betreffende Anleihe (WKN A0LN5U) notiert derzeit bei 90,47%. Griechenland könnte den Inhabern anbieten, die Anleihe zu 92% zurückzu- kaufen - freiwillig. Das würde den Anlegern Sicherheit geben, das Geld zu erhalten (Politische Entscheidungen sind niemals 100%ig sicher) und Griechenland könnte diesen Rückkauf mit einem günstiger verzinsten Kredit des IWF oder der EU finanzieren. Ein Gesetz zum Zwangsverkauf gibt es nicht.{weiter[40|9]}

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Stephan Heibel

Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.

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